Gesetzestext
(1) Im Falle des Todes einer Partei tritt eine Unterbrechung des Verfahrens bis zu dessen Aufnahme durch die Rechtsnachfolger ein.
(2) Wird die Aufnahme verzögert, so sind auf Antrag des Gegners die Rechtsnachfolger zur Aufnahme und zugleich zur Verhandlung der Hauptsache zu laden.
(3) 1Die Ladung ist mit dem den Antrag enthaltenden Schriftsatz den Rechtsnachfolgern selbst zuzustellen. 2Die Ladungsfrist wird von dem Vorsitzenden bestimmt.
(4) Erscheinen die Rechtsnachfolger in dem Termin nicht, so ist auf Antrag die behauptete Rechtsnachfolge als zugestanden anzunehmen und zur Hauptsache zu verhandeln.
(5) Der Erbe ist vor der Annahme der Erbschaft zur Fortsetzung des Rechtsstreits nicht verpflichtet.
A. Zweckrichtung des Gesetzes.
Rn 1
Mit dem Tod einer Partei wird das Verfahren grds kraft Gesetzes unterbrochen (für das FamFG vgl vor §§ 239 ff Rn 2). Für das materielle Recht gilt § 1922 BGB. Der Erbe tritt mit dem Erbfall (Tod) als Gesamtrechtsnachfolger in die vermögensrechtliche Position des Erblassers und ist deshalb von diesem Zeitpunkt an Partei. Allerdings ist häufig nicht eindeutig, wer Erbe geworden ist. Außerdem kann der Erbe die Erbschaft ausschlagen (§ 1942 ff BGB), so dass dann der nächstberufene von Anfang an als Erbe gilt (§ 1953 BGB) mit der weiteren Folge, dass auch er ein Ausschlagungsrecht hat. Deshalb ist es sinnvoll, dass das Verfahren erst mit der Aufnahme durch den (endgültig feststehenden) Rechtsnachfolger fortgesetzt wird (Abs 1).
B. Anwendungsbereich.
Rn 2
§ 239 wird durch § 246 (s dort) verdrängt, gilt also nicht, wenn zur Zeit des Todes eine Vertretung durch einen Prozessbevollmächtigten stattfand; dabei kommt es auf die jeweilige Instanz an (BFH FamRZ 09, 113; Brandbg BeckRS 19, 23921; zum Beginn der nächsthöheren Instanz vgl § 244 Rn 4). Dies gilt unabhängig davon, ob Rechtsanwaltszwang (§ 78) besteht (vgl MüKoZPO/Stackmann § 239 Rz 4). Gem § 779 I ist die gg den vormaligen Schuldner zur Zeit seines Todes bereits begonnene Zwangsvollstreckung in seinen Nachlass fortzusetzen; eine Unterbrechung findet nicht statt, BGH WM 20, 233 [BGH 23.10.2019 - I ZB 60/18]. Ist der Prozessgegner Alleinerbe der verstorbenen Partei, endet der Prozess als ›Insichprozess‹ von selbst (BGH NJW-RR 11, 488; ZEV 18, 393 [BGH 07.03.2018 - IV ZR 238/17]; Stuttg MDR 15, 1103 [OLG Stuttgart 24.07.2015 - 8 W 267/15] – auch zu Nr. 1211 GKG-KV). Ist der Bekl dagegen nur Miterbe, behält er seine prozessuale Stellung (BGH NJW 14,1886 [BGH 27.02.2014 - III ZB 99/13]; vgl auch Rn 9). Findet bei Tod einer Partei keine Rechtsnachfolge in Bezug auf den Streitgegenstand statt (Bsp: Ehe- oder Lebenspartnerschaftssachen) oder geht der Streitgegenstand mit dem Tod unter, ist kein Raum für eine Unterbrechung in der Hauptsache; es tritt Erledigung ein; der Rechtsnachfolger kann aber wegen der Kosten den Prozess aufnehmen (MüKoZPO/Stackmann § 239 Rz 7; zum FamFG vgl auch vor §§ 239 ff Rn 2). Das gilt auch bei Tod des beigeladenen Beamten im Konkurrentenstreitverfahren (Hess VGH v. 17.10.17 – 1 B 1426/17 – juris). IÜ gilt aber § 239 im sozial- und verwaltungsgerichtlichen Verfahren entspr (VGH Kassel NVwZ-RR 18, 287; B/L/H/A/G/Becker § 239 Rz 3).
Rn 3
Bei Tod einer Partei kraft Amtes (zB Testamentsvollstrecker, Insolvenzverwalter, Nachlassverwalter, Zwangsverwalter) oder bei Wechsel des Amtswalters findet nicht § 239, sondern § 241 Anwendung (MüKoZPO/Stackmann § 239 Rz 15; offengelassen BGH NJW 93, 3072). In diesen Fällen erfolgt keine Rechtsnachfolge kraft Gesetzes. Etwas anderes gilt, wenn die Verwaltung endet und der tatsächliche Rechtsträger der Partei kraft Amtes folgt; hier findet § 239 analog Anwendung (BGH NJW 93, 3072; FamRZ 18, 842; aA Zö/Greger § 239 Rz 7 – analoge Anwendung von § 241).
Rn 4
Bei Beendigung der gewillkürten Prozessstandschaft durch Tod des Prozessstandschafters greift § 239 nicht ein; jedoch kann der Rechtsinhaber nach den Regeln des gewillkürten Parteiwechsels in den Rechtsstreit eintreten (BGH NJW 93, 3072 [BGH 07.07.1993 - IV ZR 190/92]; B/L/H/A/G/Becker § 239 Rz 4). § 239 ist aber entsprechend anwendbar, wenn der nach § 265 ermächtigte gesetzliche Prozessstandschafter stirbt; nicht der wahre Rechtsinhaber, sondern der Erbe erlangt dann die Prozessführungsbefugnis, wie z.B. bei Unterhaltsansprüchen, die nach Rechtshängigkeit infolge Sozialhilfeleistungen gem § 94 I 1 SGB XII auf den Sozialversicherungsträger übergegangen sind (BGH NJW 12, 3642; FamRZ 18, 842; aA Zö/Greger § 239 Rz 7 – analoge Anwendung von § 241).
C. Voraussetzungen.
I. Partei.
Rn 5
Parteien eines Zivilprozesses sind diejenigen, von denen und gegen die die staatlichen Rechtsschutzhandlungen begehrt werden (MüKoZPO/Stackmann § 239 Rz 11; vgl auch § 50 Rn 2 ff). Als Partei gilt nicht der einfache Nebenintervenient/Streithelfer (§§ 66, 67); sein Tod unterbricht das Verfahren nicht (BGH ZIP 10, 646; Rostock r+s 20, 22 – zu § 240). Der Tod eines notwendigen Streitgenossen (§ 62) unterbricht das Verfahren nach § 239, während bei einfacher Streitgenossenschaft (§ 61) nur das Prozessrechtsverhältnis zu dem Verstorbenen und se...