Rn 6
Eine Unterbrechung findet nur statt, wenn die Insolvenzmasse (§§ 35, 36 InsO) betroffen ist, wobei ein mittelbarer Bezug (BGH NJW 10, 2213; NJW-RR 13, 1461; NZI 15, 173; MDR 21, 260 = BeckRS 20, 37271 Rz 18; Frankf ZInsO 15, 2240) und auch eine abstrakte Eignung genügen (FG Köln NZI 17, 118), während eine wirtschaftliche Beziehung zur Masse nicht ausreicht (BGH MDR 04, 1251; NJW-RR 19, 1032; ZfBR 20, 888 [BGH 14.07.2020 - XIII ZB 135/19]). Beziehen sich die streitgegenständlichen VA nicht auf einen Vermögensgegenstand, der im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung noch zur Vermögensmasse gehörte, greift § 240 nicht ein (OVG Berlin-Brandenburg BeckRS 20, 21043). Ein mittelbarer Bezug ist im Verwaltungsprozess aber zu bejahen, wenn gleichzeitig die Aufhebung des begünstigenden VA und die Rückführung geleisteter Zahlungen begehrt wird (BVerwG NVwZ 18, 1483 [BVerwG 07.06.2018 - BVerwG 6 B 1.18]). Ein zumindest mittelbarer Bezug zur Insolvenzmasse setzt voraus, dass der Streitgegenstand aus der Insolvenzmasse geleistet oder deren Bestandteil werden soll (Zö/Greger § 240 Rz 8). Betrifft nur einer von mehreren im Prozess geltend gemachten Ansprüchen die Insolvenzmasse, wird (zunächst) der gesamte Rechtsstreit einheitlich unterbrochen (BGH NJW-RR 15, 433; MDR 18, 1336 [BGH 20.06.2018 - XII ZB 285/17]; MDR 21, 260 [BGH 17.12.2020 - IX ZR 21/19] = BeckRS 20, 37271). Bei Feststellungs- und Unterlassungsklagen kommt es nur auf die Hauptsache und nicht auf etwaige Nebenentscheidungen, wie Kosten oder Ordnungsgeld, an (BGH NZI 15, 173 [BGH 10.12.2014 - XII ZR 136/12]; NJW-RR 19, 1032; Kobl BeckRS 18, 24170). Bei Unterlassungsansprüchen greift § 240 nicht ein, wenn sie höchstpersönlicher oder nicht vermögensrechtlicher Art sind (BGH NJW-RR 19, 1032 [BGH 16.05.2019 - V ZR 295/16]; s.a. Rn 2). Für einen Anspruch auf Unterlassung der Nutzung einer gemieteten Wohnung als Pensionsbetrieb gilt dies nicht und dieser Anspruch betrifft mittelbar die Insolvenzmasse, weil der Verwalter die Mietsache nach Eröffnung weiter nutzen kann (BGH NJW-RR 19, 1032). Bei einem Klageverfahren wegen Räumung und Zahlung von Mietrückständen wird das Verfahren, an dem der insolvente Mieter beteiligt ist, unterbrochen; das gilt aber nicht bei einer entsprechenden Herausgabeklage, weil der Insolvenzverwalter nicht Besitzer ist (AG Köln ZInsO 16, 2269). Unpfändbare Gegenstände nach § 36 InsO gehören nicht zur Insolvenzmasse (Hamm NJW 05, 2788; BFH/NV 16, 1472 [BFH 28.04.2016 - III R 45/13] – Anspruch auf Kindergeld). Darunter fallen aber nicht die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens fälligen Beiträge zur privaten Krankenversicherung, weil der Schutzzweck des § 850e I Nr 1b nicht betroffen ist (Hamm NZI 12, 922). Der Anspruch auf Unterlassung ehrkränkender Behauptungen gehört nicht zur Insolvenzmasse (Kobl BeckRS 18, 24170; zum Schmerzensgeld und zur Persönlichkeitsverletzung vgl BGH NJW 11, 2296 [BGH 24.03.2011 - IX ZR 180/10]; AG Kassel ZinsO 14, 1352). Die Insolvenzmasse umfasst auch den Neuerwerb während der Insolvenz (Hamm NJW 05, 2788). Ferner werden auch Prozesse erfasst, die nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf Aussonderung oder abgesonderte Befriedigung gerichtet sind (vgl § 86 InsO), sowie Feststellungs- und Unterlassungsklagen, die die Insolvenzmasse betreffen (BGH NJW 95, 1750; NJW-RR 19, 1032; Frankf ZInsO 15, 2240 – Schutzrechtsverletzungen, evtl. auch schuldrechtliche Ansprüche, die auf Geschäftsbeziehungen abzielen). Bei Ansprüchen auf Auskunft, Rechnungslegung und Urkundenvorlegung kommt es auf den dahinterstehenden Hauptanspruch an; gehört dieser zur Insolvenzmasse, wird das Verfahren nach § 240 unterbrochen (MüKoZPO/Stackmann § 240 Rz 19; vgl auch BVerwG DZWiR 18, 573 [BVerwG 07.06.2018 - BVerwG 6 B 1.18] – öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch und Anfechtung des Rücknahmebescheides in der Hauptsache; AG Hamburg, 24.6.17 – 12 C 118/16, juris: verneinend bei Auskunft mit Blick auf die Wahrnehmung von Gesellschaftsrechten). Dies gilt aber nicht für einen Anspruch auf Drittauskunft aus einem Wettbewerbsverstoß (BGH NJW 10, 2213 [BGH 01.10.2009 - I ZR 94/07]). Die Zolltarifauskunft auf der Grundlage der Verordnung EWG Nr. 2913/92 des Rates vom 12.10.1992 zur Festlegung des Zollkodex der Union CABI EG Nr. L 302/1 besteht gegenüber der Zollverwaltung und gehört nicht zur Insolvenzmasse des Auskunftsberechtigten (FG Hambg 14.7.14 – 4 K 10/12). Nicht zur Insolvenzmasse gehören der Versorgungsausgleich (Frankf FamRZ 04, 1043) und künftige Unterhaltsansprüche gegen den Schuldner, soweit dadurch die Pfändungsgrenze für Arbeitseinkommen nach § 850c I erhöht wird (BAG Rpfleger 10, 86). Ein Kündigungsrechtsstreit wird durch Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitsnehmers nicht unterbrochen, da es sich um einen höchstpersönlichen Anspruch handelt (BAG NJW 10, 1955 [BGH 22.03.2010 - II ZR 12/08]; zu Besonderheiten bei Tod des Arbeitnehmers vgl § 239 Rn 11). Dasselbe gilt für einen Verwaltungsrechtsstrei...