Gesetzestext
(1) Die Unterbrechung und Aussetzung des Verfahrens hat die Wirkung, dass der Lauf einer jeden Frist aufhört und nach Beendigung der Unterbrechung oder Aussetzung die volle Frist von neuem zu laufen beginnt.
(2) Die während der Unterbrechung oder Aussetzung von einer Partei in Ansehung der Hauptsache vorgenommenen Prozesshandlungen sind der anderen Partei gegenüber ohne rechtliche Wirkung.
(3) Durch die nach dem Schluss einer mündlichen Verhandlung eintretende Unterbrechung wird die Verkündung der auf Grund dieser Verhandlung zu erlassenden Entscheidung nicht gehindert.
A. Anwendungsbereich.
Rn 1
Die Vorschrift gilt für alle Verfahrensarten, für die §§ 239 ff jeweils anwendbar sind (vgl vor §§ 239 ff Rn 1, 2). Bei einer wirksamen Unterbrechung oder Aussetzung treten die in den Abs 1, 2 beschriebenen Wirkungen (vgl vor §§ 239 ff Rn 3) ein, während Abs 3 nur für die Unterbrechung gilt. § 249 gilt zeitlich nur während der Dauer der Unterbrechung oder Aussetzung. Für das Ruhen als Sonderfall der Aussetzung (vgl vor §§ 239 ff Rn 9) sieht § 251 S 2 ein Sonderregelung vor (vgl iE: § 251 Rn 1).
Rn 2
Da die Wirkungen der Aussetzung erst mit der Wirksamkeit der gerichtlichen Entscheidung eintreten, greift Abs 1 nicht ein, wenn eine Frist bei Bekanntgabe des Beschlusses bereits abgelaufen ist (Bambg, 4.12.17 – 8 U 109/17, juris).
Rn 3
Die Vorschrift findet für alle Arten der Unterbrechung (§§ 239 bis 245) und Aussetzung (§ 246f) Anwendung; sie gilt auch für Aussetzungen, die in anderen Vorschriften vorgesehen sind (vgl iE vor §§ 239 ff Rn 9), soweit auf das Verfahren iA die ZPO anzuwenden ist und keine speziellen Regelungen existieren (MüKoZPO/Stackmann § 249 Rz 1, 2). § 249 gilt auch für Verfahren nach dem FamFG, wie es in § 21 I 2 FamFG ausdrücklich und für Familiensachen (Ehe- und Familienstreitsachen) durch Verweisung allgemein in § 113 I 2 FamFG geregelt ist (vgl zur Systematik vor §§ 239 ff Rn 2). § 249 greift auch ein, wenn aufgrund einer Auslandsinsolvenz das inländische Verfahren nach § 240 (s dort Rn 5) unterbrochen ist. §§ 343 ff InsO enthalten insoweit keine Sonderbestimmungen (BFH RIW 13, 816). § 54 V ArbGG findet bei Unterbrechung zB nach § 240 keine Anwendung (Kobl MDR 14, 1236 [OLG Koblenz 29.04.2014 - 5 U 316/14]).
B. Fristen.
Rn 4
In Abs 1 sind mit Fristen alle eigentlichen Fristen des Prozessrechtes gemeint, auch die nach § 544 II (BGH WM 16, 1747 [BGH 28.07.2016 - III ZR 70/16]), und zwar unabhängig davon, ob es sich um gesetzliche oder richterliche Fristen sowie um Notfristen oder gewöhnliche Fristen handelt; nicht hierunter fallen die uneigentlichen und die materiell-rechtlichen Fristen (LAG Sachsen MDR 01, 834 [LAG Sachsen 05.10.2000 - 2 Ta 235/00]; VG Bln 17.5.13 – 4 K 271.10, Rz 39; B/L/H/A/G/Becker § 249 Rz 5). Deshalb haben die Unterbrechung und die Aussetzung keinen Einfluss auf die Verjährung der Klageansprüche; allerdings kann § 204 II BGB eingreifen, so z.B., wenn im Falle des § 240 der Insolvenzverwalter die rechtshängige Forderung aus der Masse freigibt, das Verfahren aber gleichwohl nicht fortgeführt wird (Celle 17.2.09 – 16 U 78/08) oder wenn das Verfahren im Einvernehmen mit den Parteien nach § 149 I ausgesetzt wird (BAG NJW 20, 3334 = NZA 20, 1355 [BAG 20.05.2020 - 10 AZR 576/18]).
Rn 5
Mit dem Eintritt der Unterbrechung oder Aussetzung endet der Lauf einer eigentlichen Frist; die volle Frist beginnt nach Abs 1 mit dem Ende der Unterbrechung oder Aussetzung neu zu laufen (BGH ZIP 17, 493). Das gilt auch für ein Berufungszulassungsverfahren nach § 124a IV VwGO, wenn der Kläger, der Prozesskostenhilfe beantragt hat, vor dieser Entscheidung stirbt (VGH München BeckRS 12, 58036). Hat das Gericht einen festen Endzeitpunkt bestimmt, ist die richterliche Frist nach Ende der Unterbrechung oder Aussetzung neu festzulegen (vgl BGH NJW 75, 692 [BGH 13.01.1975 - VII ZR 220/73]).
Rn 6
Bei einem Streit über die Voraussetzungen der Unterbrechung beginnt die Rechtsmittelfrist für das in der Hauptsache gegen den Rechtsnachfolger ergangene Urt erst mit der Zustellung des Zwischenurt (vgl vor §§ 239 ff Rn 8).
C. Prozesshandlungen der Parteien.
Rn 7
Werden Prozesshandlungen einer Partei in Ansehung der Hauptsache während der Unterbrechung oder Aussetzung vorgenommen, sind diese ggü dem Gegner nach Abs 2 unwirksam, und zwar unabhängig von der Parteirolle (BGH WM 17, 2363 [BGH 24.10.2017 - II ZR 16/16]). Das gilt auch für Klageänderungen, wobei nach einer Meinung die Klageerweiterung, mit der ein neuer Streitgegenstand eingeführt wird, ausgenommen sein soll (vgl BAG NJW 16, 424). Die Vorschrift greift nicht ein, wenn die Prozesshandlungen nicht die Hauptsache betreffen und die §§ 239 ff keine Anwendung finden, so zB im PKH-Verfahren (BAG NJW 16, 424 [BAG 24.06.2015 - 5 AZR 462/14]; vgl auch vor §§ 239 ff Rn 1). Sie betrifft auch nicht die Wirksamkeit der Prozesshandlung ggü dem Gericht, so dass diese nicht nach Ende der Unterbrechung oder Aussetzung erneut vorgenommen werden muss, wie zB die Einlegung eines Rechtsmittels (BGH NJW 97, 1445; ZIP 09, 1027; 13, 1493; Ddorf NZG 19, 669)...