Rn 3
Wenn Entscheidungsreife vorliegt und beide Parteien in einem früheren mündlichen Verhandlungstermin desselben Rechtszuges mündlich verhandelt, dh die Anträge im Termin gestellt haben (zum Begriff der mündlichen Verhandlung vgl § 128 Rn 8; näher Anders/Gehle AssEx Rz A-12 f; s auch Frankf 8.5.13 – 2 U 231/12 – Abbruch nach Stellen der Anträge) – eine Güteverhandlung reicht nicht (LArbG Hamm AA 11, 144; aA ArbG Köln 8.3.13 – 2 Ce 4314/12) –, kann nach Lage der Akten entschieden werden. Beschlüsse, wie Beweis- und Hinweisbeschlüsse, sind hingegen auch ohne frühere mündliche Verhandlung möglich (ThoPu/Hüßtege § 251a Rz 3). Liegt eine Klageänderung nach der (ersten) mündlichen Verhandlung vor, kann ein Urt als Entscheidung nach Lage der Akten nur verkündet werden, wenn der gesamte Prozessstoff in der früheren mündlichen Verhandlung erfasst wurde; unschädlich ist daher nur eine Beschränkung des Klageantrages (MüKoZPO/Stackmann § 251a Rz 19). Eine Zurückverweisung nach § 538 II Nr 1 lässt den früheren Verhandlungstermin unberührt (BAG NJW 15, 366 [BAG 08.05.2014 - 2 AZR 75/13], B/L/H/A/G/Becker § 251a Rz 17).
Rn 4
Grundlage für die Entscheidung ist der gesamte Prozessstoff, der mündlich oder schriftsätzlich bis zu dem Termin, in dem beide Parteien säumig sind, vorgetragen worden ist; die Geständnisdiktion des § 331 I 1 gilt nicht (Anders/Gehle AssEx Rz H-24). Ist der Rechtsstreit danach zur Entscheidung reif und ist bereits einmal vorher mündlich verhandelt worden, ergeht ein Urt; ansonsten folgt die als nächste zu treffende Entscheidung; das kann ein Auflagen-, Hinweis- oder Beweisbeschl sein; bei einem solchen Beschl muss dann weiter mündlich verhandelt werden (Anders/Gehle AssEx Rz H-24). Das Urt ist ein kontradiktorisches Urt, gegen das Berufung oder Revision, nicht hingegen der Einspruch statthaft ist. Wird es ohne vorherige mündliche Verhandlung erlassen, kommt eine Zurückweisung entspr § 538 II Nrn 2, 6 in Betracht (LArbG Hamm AA 11, 144). Das Urt unterscheidet sich nicht von anderen kontradiktorischen Urteilen; lediglich im Rubrum wird anstelle von ›auf die mündliche Verhandlung vom …‹ formuliert: ›nach Lage der Akten am … (= versäumter Termin)‹. Eine Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nicht nach § 708 Nr 2 wie im Falle des § 331a; es gelten vielmehr die allgemeinen Regelungen der §§ 708 Nr 11, 709.
Rn 5
Für den Erlass eines Urteils sind folgende Förmlichkeiten zu beachten: Das Gericht muss in einem Beschl anordnen, dass nach Lage der Akten entschieden wird und gleichzeitig einen Verkündungstermin bestimmen (§ 310), der durch formlose Mitteilung bekannt gegeben wird und frühestens zwei Wochen nach dem versäumten Termin stattfinden darf (Abs 2 S 1–3). Dieser Beschl ist nicht anfechtbar (Musielak/Voit/Stadler § 251a Rz 3). Wenn eine der Parteien spätestens am siebenten Tag vor dem Verkündungstermin einen neuen Termin beantragt und glaubhaft macht (§ 295), dass sie bzw der Prozessbevollmächtigte ohne Verschulden säumig war und keinen Verlegungsantrag stellen konnte, muss das Gericht einen neuen Termin bestimmen (vgl Abs 2 S 4).
Rn 6
Eine Vertagung nach Abs 3 setzt nach § 227 I erhebliche Gründe voraus. Diese können zB bejaht werden, wenn erhebliche Zweifel an einer ordnungsgemäßen Ladung bestehen (ThoPu/Hüßtege § 251a Rz 13).
Rn 7
Das Ruhen des Verfahrens kann als Sanktion für die säumigen Parteien gewertet werden (ThoPu/Hüßtege § 251a Rz 14). Im Rahmen des Ermessens wird das Gericht von dieser Möglichkeit aufgrund seiner Prozessförderungspflicht keinen Gebrauch machen, wenn die Sache entscheidungsreif ist und vorher einmal mündlich verhandelt wurde bzw wenn nach Abs 2 S 4 ein neuer Termin zu bestimmen ist oder eine Vertagung in Betracht kommt. Für das Ruhen gelten die Ausführungen zu § 251 (s dort). Eine Beschwerde gegen den Ruhensbeschl ist nicht möglich (Zweibr 00, 564; aA Köln NJW-RR 92, 1022 [OLG Köln 01.07.1991 - 2 W 83/91]).