Gesetzestext
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
A. Normzweck.
Rn 1
Die ggü den Leistungs- und Gestaltungsklagen subsidiäre Feststellungsklage soll den Parteien eine frühzeitige verbindliche Klärung ihres streitigen Rechtsverhältnisses ermöglichen. Sie richtet sich nur auf Feststellung des Leistungs- oder Gestaltungsrechts und wird nur zugelassen, wenn der Kl ein besonderes rechtliches Interessen an der baldigen Feststellung hat. Zweck der Zwischenfeststellungsklage ist die Ausdehnung der Rechtskraftwirkung auf das streitige vorgreifliche Rechtsverhältnis. Sie ist ein Ausgleich dafür, dass die Grundlagen der Entscheidung bis auf die tragenden Gründe (§ 322) nicht in Rechtskraft erwachsen können (BGH NJW 92, 1897 [BGH 21.02.1992 - V ZR 273/90]).
B. TB-Voraussetzungen.
Rn 2
Die positive Feststellungsklage stellt das Bestehen eines Rechtsverhältnisses fest, die negative die seines Nichtbestehens und die Zwischenfeststellungsklage entscheidet über ein den Klageanspruch stützendes vorgreifliches Rechtsverhältnis. Sondervorschriften: § 179 InsO (Feststellung einer bestr Insolvenzforderung), § 7 AnfG (Gläubigeranfechtung außerhalb InsO), §§ 606, 640 (Vaterschaftsfeststellung). Entsprechende Anwendung in feststellenden Entscheidungen im Verfahren über den Versorgungsausgleich, obwohl grds FamFG-Sache (BGH MDR 15, 1383).
I. Feststellungsklage.
1. Rechtsverhältnis.
Rn 3
Gegenstand einer Feststellungsklage kann – vom Fall der Urkundenfeststellungsklage abgesehen – grds die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines gegenwärtigen (BGHZ 37, 137; BGH NJW 15, 873) Rechtsverhältnisses sein. Unter Rechtsverhältnis ist eine bestimmte, rechtlich geregelte Beziehung einer Person zu anderen Personen oder einer Person zu einer Sache zu verstehen (BGHZ 22, 43). Darunter fallen auch einzelne Folgen solcher Rechtsbeziehungen, zB einzelne Ansprüche (BGH NJW 84, 1556 [BGH 03.05.1983 - VI ZR 79/80]), auch Statussachen (BGH NJW 73, 51), aus Kündigung entstandene Rechtsbeziehungen der Parteien (BGH 5.3.14 IV ZR 102/13 juris), künftige Ansprüche nach gerichtlich für unwirksam erklärter Satzungsbestimmung einer Versorgungskasse (BGH WM 17, 1479; Karlsr 27.8.14 – 6 U 116/11 juris). Das Rechtsverhältnis ist so genau zu bezeichnen, dass über dessen Identität und damit über den Umfang der Rechtskraft des begehrten Feststellungsausspruchs keinerlei Ungewissheit herrschen kann (BGH ZMR 15, 901). Bei Schadensersatzansprüchen ist zur hinreichend genauen Angabe des festzustellenden Rechtsverhältnisses die bestimmte Bezeichnung des zum Schadensersatz verpflichtenden Ereignisses ausreichend. Beim Verzugsschaden ist eine konkrete Festlegung und Bezeichnung des Verzugszeitraums im Feststellungsantrag nicht erforderlich (Hamm NZBau 14, 34 [OLG Hamm 26.09.2013 - 21 U 64/13]).
Rn 4
Die Feststellung muss sich nicht notwendig auf ein Rechtsverhältnis als Ganzes erstrecken, sondern kann sich auch auf daraus folgende einzelne Beziehungen, Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Rechtspflicht, insbesondere auch auf einen streitigen Teil des Vertragsinhalts, beschränken (BGH NJW 15, 873 [BGH 19.11.2014 - VIII ZR 79/14]). So ist kein bloßes Element eines Rechtsverhältnisses die begehrte Feststellung der Berechtigung, die Rückforderung einer Zahlung wegen Verjährung zu verweigern (BGH MDR 12, 1330 [BGH 26.09.2012 - VIII ZR 249/11]) oder Feststellung der Gewinnbeteiligung zu gleichen Teilen (BGH NJW 19, 1002 [BGH 22.01.2019 - II ZR 59/18]). Frage, ob eine Abnahmeerklärung nicht erfolgt ist und deshalb die Abnahmewirkungen nicht eingetreten sind, kann Gegenstand einer negativen Feststellungsklage sein (BGH MDR 19, 1056).
Rn 5
Bsp: Inhaltsbestimmung eines Vertrages; rechtsstreitbeendende Wirkung eines Prozessvergleichs (Hamm OLGR 00, 348); Feststellung des Urteilsinhalts, weil der Tenor für die ZwV zu unbestimmt oder die Tragweite zweifelhaft ist; Gewährung von Versicherungsschutz (BGH VersR 09, 1485); Pflicht der Krankenversicherung auf Übernahme der Kosten für künftige Behandlungsmaßnahme nur bei bereits aktualisierter ärztlich für notwendig erachtete bevorstehende Behandlung (BGH NJW-RR 06, 678 [BGH 08.02.2006 - IV ZR 131/05]; Kobl RuS 15, 613; Nürnbg 17.9.20 – 8 U 1311/20 juris); Reichweite eines Vollstreckungstitels (BGH NJW 97, 2320 [BGH 03.06.1997 - XI ZR 133/96]), auch wenn im Vollstreckungsverfahren...