Gesetzestext
Ist die Geltendmachung einer nicht von einer Gegenleistung abhängigen Geldforderung oder die Geltendmachung des Anspruchs auf Räumung eines Grundstücks oder eines Raumes, der anderen als Wohnzwecken dient, an den Eintritt eines Kalendertages geknüpft, so kann Klage auf künftige Zahlung oder Räumung erhoben werden.
A. Normzweck.
Rn 1
Klagerecht vor Fälligkeit soll dem Kl schnelle Vollstreckung erlauben. Bekl muss alle Gegenrechte schon im Prozess vorbringen (wg § 767 II). Gilt nicht für unbewegliche Sachen. Ggü Klage nach § 257 ist Feststellungsantrag nicht subsidiär, sodass Kl zwischen Feststellungsklage und Klage auf zukünftige Leistung wählen kann (BAG NJW 20, 1754 [BAG 28.01.2020 - 9 AZR 91/19]).
B. TB-Voraussetzungen.
I. Geldforderung.
1. Fälligkeit.
Rn 2
Kalendermäßige Fälligkeit nach Ablauf der Zahlungsfrist oder nach Stundung. Nicht Anspruch auf Durchführung von Schönheitsreparaturen, weil Fälligkeit sich nach dem Grad der Abnutzung der Wohnung richtet (LG Hannover NZM 02, 120 [LG Hannover 28.02.2001 - 12 S 1107/00]). Kalendermäßig bestimmt, wenn die Leistung im Laufe eines bestimmten Jahres oder in gleich bleibenden Raten innerhalb mehrerer Jahre zu erfolgen hat (Kobl KTS 01, 637 [OLG Celle 23.07.2001 - 2 W 41/01]).
Rn 3
Lässt sich die Höhe einer Rente noch nicht bestimmen, fehlt es bereits an einer Geldforderung iSd § 257 und somit der Fälligkeit, so dass sowohl ein Leistungsantrag auf künftige Ausgleichsrente als auch ein dahingehender Feststellungsantrag nach § 256 analog ausscheiden (Bremen NJW 13, 947 [OLG Bremen 09.01.2013 - 4 UF 126/12]).
2. Nicht von Gegenleistung abhängig.
Rn 4
Klage auf Zahlung der Raten aus Mietaufhebungsvereinbarung (Ddorf ZMR 19, 949). Dies ist ein Vertrag nach vollständiger Erfüllung, also nicht, wenn Zug um Zug zu erfüllen (§ 322 BGB) oder Zurückbehaltungsrecht (§ 274 BGB) besteht. Eine erforderliche Kündigung liegt in der Klageerhebung (RGZ 53, 212). Wohngeldvorauszahlungen aufgrund eines beschlossenen Einzelwirtschaftsplans (Hambg ZMR 19, 367).
II. Räumung.
1. Nicht Wohnzwecken dienend.
Rn 5
Bei Wohnraum Klage nach § 259 (BGH NJW 08, 1661), ebenso bei Nutzungsausfallentschädigung (AG Groß-Gerau ZMR 18, 1006).
2. Kalendermäßige Fälligkeit.
Rn 6
Erst nach Ablauf der Mietdauer. Das Schweigen des Gewerberaummieters zur Erfüllung seiner Räumungspflicht nach Kündigung gibt keinen Anlass zur Klage (LG Berlin GuT 10, 247 [LG Berlin 01.02.2010 - 12 O 509/09]).
C. Hinweise zur Verhandlung und Prozesstaktik.
Rn 7
Keine Prozessvoraussetzung ist im Falle des § 257 – anders als bei § 259 – die Besorgnis künftiger Nichterfüllung (Stuttg ZIP 18, 1727). Klage auf künftige Räumung kann erhoben werden, wenn den Umständen nach die Besorgnis besteht, dass der Mieter sich der rechtzeitigen Räumung entziehen wird. Solange der Mieter die Berechtigung der Kündigung bestreitet und sich nicht zur Räumung bereit erklärt, besteht das Rechtsschutzbedürfnis für Klage auf zukünftige Räumung (LG Paderborn 17.10.17 – 2 O 176/17, juris).
Rn 8
Klage auf künftige Leistung beseitigt das Feststellungsinteresse nicht (BGH NJW 15, 873 [BGH 19.11.2014 - VIII ZR 79/14]), sondern gewährt dem Kl ein Wahlrecht (BAG MDR 14, 410). Tritt Fälligkeit bei Antragstellung nach § 257 während des Verfahrens ein, kann ohne Antragsänderung unbedingtes Urteil ergehen (RGZ 88, 178; BGH NJW-RR 05, 1169 [BGH 04.05.2005 - VIII ZR 5/04]; BAG NJW 15, 1773 [BAG 22.10.2014 - 5 AZR 731/12]).
Rn 9
Der Mieter kann Kostenlast durch sofortiges Anerkenntnis vermeiden (Hamm ZMR 96, 499). Deshalb Kostenrisiko für Vermieter, wenn Mieter sich trotz Aufforderung durch den Vermieter vor Klage – wozu er nicht verpflichtet ist – nicht zur Kündigung erklärt hat. Bei sofortigem Anerkenntnis hat der Kl die Beweislast für die Veranlassung der Klage iSv § 93. Spätere Einwendungen kann der Mieter nach § 767 geltend machen (BGH MDR 96, 1232 [BGH 20.06.1996 - III ZR 116/94]). Zwangsvollstreckung erfolgt nach § 751 I.
Rn 10
Tritt Fälligkeit bei Antragstellung nach § 257 während des Verfahrens ein, so kann ohne Antragsänderung unbedingtes Urt ergehen (BGH NJW-RR 05, 1169 [BGH 04.05.2005 - VIII ZR 5/04]; LG München ZWE 18, 447).