Gesetzestext
In dem dinglichen Gerichtsstand können persönliche Klagen, die gegen den Eigentümer oder Besitzer einer unbeweglichen Sache als solche gerichtet werden, sowie Klagen wegen Beschädigung eines Grundstücks oder hinsichtlich der Entschädigung wegen Enteignung eines Grundstücks erhoben werden.
A. Normzweck und dogmatische Einordnung.
Rn 1
§ 26 normiert einen besonderen Gerichtsstand, der dem Kl die Wahl eröffnet (§ 35), den Bekl auch außerhalb seines allg Gerichtsstandes zu verklagen. Dabei bezweckt die Vorschrift, für bestimmte persönliche Klagen mit zwingendem Bezug zum Grundstückseigentum die Möglichkeit der Befassung eines ortsnahen Gerichts mit dem Rechtsstreit zu eröffnen (Rostock OLGR 98, 169; Frankf 10.7.13 – 11 AR 51/13 – juris). Überdies soll durch § 26 die Rechtsverfolgung prozessual effektuiert werden (Frankf NZM 14, 448).
B. Tatbestandsmerkmale.
I. Persönliche Klagen.
Rn 2
Das Tatbestandsmerkmal ›persönliche Klage‹ korrespondiert zwar nicht mit der Terminologie des BGB. Der Wortsinn des Merkmals und der gesetzessystematische Vergleich mit § 24 legen aber nahe, dass damit ausschließlich Klagen zur Verfolgung schuldrechtlicher Ansprüche gemeint sind. Gleichwohl billigt die Rspr eine extensiv-teleologische Auslegung des Merkmals dahingehend, dass außer Klagen zur Verfolgung schuldrechtlicher Ansprüche auch solche dingliche Klagen von § 26 erfasst sind, die nicht unter § 24 subsumierbar sind (Stuttg NZM 99, 173, 174).
II. Klage gegen den Eigentümer oder Besitzer einer unbeweglichen Sache als solche.
Rn 3
Eine Klage ist gegen den Eigentümer oder Besitzer als solchen gerichtet, wenn Eigentum oder Besitz Anspruchsvoraussetzung des verfolgten Anspruchs sind, demnach nur der Eigentümer oder der Besitzer der unbeweglichen Sache hinsichtlich der Klage passivlegitimiert sind (Stuttg NZM 99, 173, 174; Zö/Schultzky § 26 Rz 2; BeckOKZPO/Toussaint § 26 Rz 1, 2). Dem Normzweck folgend ist das Merkmal ›Besitzer‹ weit auszulegen und erfasst sämtliche Besitz- und Mitbesitzformen (Eigen-, Fremd-, unmittelbaren und mittelbaren Besitz; MüKoZPO/Patzina § 26 Rz 2). Bsp für Klagen, die zwingend die Passivlegitimation eines Grundstückeigentümers bzw -besitzers erfordern, sind Klagen aus § 809 BGB, §§ 867, 1005 BGB, §§ 908, 836 BGB oder § 913 BGB. Ebenso fallen Klagen zwischen Miteigentümern eines Grundstücks auf Regelung der Benutzung oder der Beteiligung an Unterhaltungskosten gem § 748 BGB oder Klagen zwischen Grundstücksnachbarn auf Regelung der Benutzung und Unterhaltung von Grenzanlagen (§ 922 BGB) unter § 26 (Stuttg NZM 99, 173, 174; Rostock OLGR 09, 753). Ansprüche aus § 1108 BGB sind nicht gegen den Grundstückseigentümer als solchen gerichtet, da der Anspruch auf das Eigentum zur Zeit der Entstehung des Anspruchs und nicht zu einem späteren Zeitpunkt (zB Geltendmachung des Anspruchs oder Klageerhebung) abstellt (Musielak/Heinrich § 26 Rz 5). Ansprüche gegen den Vermieter aus dem Mietverhältnis sind ebenfalls nicht unter § 26 zu subsumieren, weil der wirksame Abschluss eines Mietvertrages und hieraus resultierende Ansprüche auf Vermieterseite weder Besitz noch Eigentum erfordern (MüKoZPO/Patzina § 26 Rz 3). Ebenso wenig fallen unter § 26 Klagen aus schuldrechtlichem Anspruch auf Auflassung/Übertragung des Grundstückseigentums, etwa aufgrund eines (auch vormerkungsgesicherten) kaufvertraglichen Anspruchs auf Eigentumsverschaffung, auf Rückauflassung aufgrund eines vertraglichen Widerrufsrechts (Hamm Beschl v 20.10.14 – I-32 SA 70/14 – juris; BeckOKZPO/Toussaint § 26 Rz 3.1; B/L/H/A/G/Bünnigmann § 26 Rz 4; Zö/Schultzky § 26 Rz 2; aA Musielak/Heinrich § 26 Rz 5; MüKoZPO/Patzina § 26 Rz 2; St/J/Roth § 26 Rz 6; Wieczorek/Schütze/Smid/Hartmann § 26 Rz 11) oder auch auf Begründung eines beschränkt dinglichen Rechts an einem Grundstück (LG Stralsund Urt v 7.4.11 – 6 O 203/10 – www.landesrecht-mv.de.). Für Klagen, die auf den Zustand eines Grundstücks in der Vergangenheit abstellen und bei denen die Passivlegitimation aus der damaligen Stellung des Bekl als Grundstückseigentümers abgeleitet wird, greift § 26 (ungeachtet etwaiger Schlüssigkeitsbedenken, die die Begründetheit betreffen) selbst dann ein, wenn der Bekl bei Klageerhebung nicht mehr Grundstückseigentümer ist (Frankf NZM 14, 448).
III. Klagen wegen Beschädigung eines Grundstücks.
Rn 4
Im Gegensatz zu den anderen Tatbestandsvarianten des § 26 knüpft das Merkmal ›wegen Beschädigung eines Grundstücks‹ nicht an die klageweise geltend gemachte Anspruchsgrundlage, sondern an den klagebegründenden Lebenssachverhalt an. Der Sachverhalt ›Beschädigung eines Grundstücks‹ kann für den Grundstückseigentümer oder -besitzer bspw Ansprüche aus §§ 823 ff BGB, aus § 836 BGB, aus §§ 7, 17 bzw 18 StVG oder § 29 BJagdG begründen. Soweit eine Anspruchsgrundlage indes (wie zB § 823 I BGB) explizit an die Verletzung des Grundstückseigentums als Anspruchsvoraussetzung anknüpft, wird § 26 nach diesseitiger Auffassung durch den ausschließlichen Gerichtsstand des § 24 verdrängt, was die praktische Bedeutung der Vorschrift schmälert.
IV. Entschädigung wegen Enteignung eines Grundstücks.
Rn 5
Die praktische Bedeutung dieses Merkmals ist gering, da viele Landesgesetzgeber von der Öffnungsklausel des § 15 Nr 2 EGZPO Gebrauch gemacht und für diesen Regelungskomplex ausschlie...