Gesetzestext
Mehrere Ansprüche des Klägers gegen denselben Beklagten können, auch wenn sie auf verschiedenen Gründen beruhen, in einer Klage verbunden werden, wenn für sämtliche Ansprüche das Prozessgericht zuständig und dieselbe Prozessart zulässig ist.
A. Normzweck.
Rn 1
Klagehäufung ist der Oberbegriff für die subjektive (Streitgenossenschaft; mehrere Parteien am Rechtsstreit beteiligt) und objektive Klagehäufung (mehrere prozessuale Ansprüche/Streitgegenstände). Diese Norm dient der Prozessökonomie. Der Kl kann mehrere Ansprüche in einer Klage geltend machen. Diese Bestimmung hat keine große praktische, aber theoretische Bedeutung zur Bestimmung des Streitgegenstands.
B. TB-Voraussetzungen.
I. Mehrere Ansprüche.
Rn 2
Nach dem zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff liegt eine objektive Klagehäufung vor, wenn mehrere Anträge gestellt werden oder mehrere Lebenssachverhalte zur Begründung eines Antrags vorgetragen werden. Eine – verdeckte – objektive Klagehäufung liegt vor, wenn Kl ein einheitliches Klagebegehren nicht nur auf eine mehrfache rechtliche Begründung, sondern einen nur äußerlich einheitlichen, indes tatsächlich aus verschiedenen Sachverhalten abgeleiteten Antrag stellt (Ddorf BauR 21, 77). Keine Anspruchshäufung, sondern eine einheitliche Klage liegt vor, wenn der Kl seinen Antrag auf mehrere rechtliche Gesichtspunkte (Anspruchsgrundlagen) stützt.
1. Anspruchshäufung.
Rn 3
Die Anspruchshäufung kann ursprünglich erfolgen durch Erhebung einer Klage mit mehreren Streitgegenständen oder nachträglich durch Verbindung durch das Gericht (§ 147). Die nachträgliche Einbeziehung eines weiteren Klagebegehrens (§ 261 II) ist eine Klageänderung (BGH NJW 07, 2414). Eine unzulässige Stufenklage kann in eine Klagehäufung umgedeutet werden (BGHZ 189, 79). Der weitere Anspruch darf das ursprüngliche Rechtsverhältnis nicht im Wege einer Novation ersetzen (BGH NJW 14, 3314 [BGH 04.07.2014 - V ZR 298/13]).
2. Formen.
Rn 4
Drei Formen der Anspruchshäufung sind möglich:
a) Kumulativ.
Rn 5
Mehrere Streitgegenstände nebeneinander. Auch wenn ein Antrag auf Räumung und Herausgabe einer Pachtsache auf mehrere Kündigungserklärungen gestützt wird, die sich auf verschiedene Kündigungsgründe beziehen und zu unterschiedlichen Zeitpunkten das Pachtverhältnis beenden (Naumbg GuT 11, 525 [OLG Naumburg 13.09.2011 - 2 U 61/11 (Lw)]). Bei Teilklagen ist zur Bestimmung des Streitgegenstandes und damit der materiellen Rechtskraft darauf zu achten, dass der Kl genau darlegt, welchen Teilbetrag aus welchem Gesamtanspruch er geltend macht (BAG NZA 11, 1116 [BAG 24.03.2011 - 6 AZR 691/09]; BGH NJW 90, 2068 [BGH 08.12.1989 - V ZR 174/88]) oder die Reihenfolge angibt, in der das Gericht diese Ansprüche prüfen soll (BGH NJW 00, 3718).
b) Eventuell.
Rn 6
Bedingte Anträge sind möglich, wenn die Antragstellung nicht von dem Eintritt eines außer-, sondern eines innerprozessualen Ereignisses abhängt (BGHZ 132, 390). Hauptantrag und Hilfsantrag für den Fall, dass ihm nicht stattgegeben wird (BGH NJW 01, 1285), auch im Falle des Obsiegens (BGH NJW 01, 1285, uneigentlicher Hilfsantrag) oder mehrere Hilfsanträge (BGH NJW 92, 2080 [BGH 13.02.1992 - III ZR 28/90]). Es ist Auslegungsfrage, ob der Hilfsantrag nur für den Fall der Unbegründetheit oder auch der Unzulässigkeit des Hauptanspruchs gestellt wird.
Tenorierungsbeispiel:
Der Bekl wird verurteilt, den Pkw …, amtliches Kennzeichen …, Fahrgestell Nr. …, an den Kl herauszugeben; hilfsweise, an den Kl … EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Klagezustellung zu zahlen.
Haupt- und Hilfsantrag dürfen einander widersprechen (Hauptantrag auf Vertragsansprüche, Hilfsantrag verlangt Folgerung aus Vertragsnichtigkeit) oder sich gegenseitig ausschließen (BGH NJW 14, 3314 [BGH 04.07.2014 - V ZR 298/13]) oder als zwei selbstständig nebeneinander stehende Klagegründe zugleich wechselseitig im Eventualverhältnis geltend gemacht werden (BGH NJW 92, 2080 [BGH 13.02.1992 - III ZR 28/90]).
Tenorierungsbeispiel:
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Bekl vom … nicht beendet ist; hilfsweise für den Fall, dass dem Antrag stattgegeben wird, wird die Bekl verurteilt, den Kl zu den bisherigen Bedingungen auf demselben Arbeitsplatz weiterzubeschäftigen.
Zulässig ist auch Feststellungsklage, hilfsweise Zahlungsklage (Saarbr OLGR 00, 448). Wenn das Berufungsgericht über den Hilfsantrag in der Sache entschieden hat, kann dieser in der Revisionsinstanz nicht mehr zum Hauptantrag erhoben werden (BGHZ 170, 176).
c) Alternativ.
Rn 7
Kl will nur einen von verschiedenen Anträgen durchsetzen, wobei er die Auswahl dem Gericht oder dem Schuldner überlässt, zB Wahlschuld (§ 262 BGB) oder Verschuldenshaftung für Vertiefungsschäden und verschuldensunabhängigem nachbarschaftlichem Ausgleichsanspruch (BGH MDR 97, 1021 [BGH 04.07.1997 - V ZR 48/96]). Ansonsten sind Alternativanträge (›Oder‹-Klage zB Wandelung oder Minderung) unzulässig (BGH NJW-RR 90, 122).
II. Zulässigkeit.
Rn 8
Die Zulässigkeitsvoraussetzungen sind für jeden einzelnen Antrag gesondert zu prüfen. In Fällen des § 15a EGZPO entfällt ein nach dem Landesgesetz bestehende...