Rn 2
Klagerücknahme ist abzugrenzen von Erledigungserklärung (§ 91a), Klageänderung (§ 263) oder Verzicht (§ 306). Auslegung und Umdeutung einer eindeutigen Klagerücknahme in eine einseitige Erledigungserklärung ist unzulässig (BGH NJW 07, 1460 [BGH 13.12.2006 - XII ZB 71/04]). Bei der qualitativen Klagebeschränkung ist von einer zustimmungsfreien Antragsbeschränkung nach § 264 Nr 2 auszugehen (Frankf WuW/E DE-R 811–816). Anwendung unmittelbar auf Klage und Widerklage und mittelbar auf sonstige Anträge, über die eine mündliche Verhandlung notwendig ist.
I. Zulässigkeit (Abs 1).
1. Gegenstand.
Rn 3
Die Rücknahme kann einen Parteiwechsel oder eine quantitative Klagebeschränkung betreffen. Ein nicht mehr weiter verfolgter Teil des Anspruchs muss dem Streit der Parteien entzogen werden (BGH NJW 90, 2682 [BGH 01.06.1990 - V ZR 48/89]).
2. Zeitpunkt.
Rn 4
Möglich ab Rechtshängigkeit (Abs 3 S 3) bis zur Rechtskraft. Nur eine wirksam erhobene Klage kann mit Kostenentscheidung zurückgenommen werden (Karlsr MDR 97, 689), weil anderenfalls noch kein Prozessrechtsverhältnis zustande gekommen ist (Hamm NJW-RR 94, 63 [OLG Hamm 02.12.1992 - 8 W 62/92]), auch nicht bei Verzicht des Bekl auf Zustellung (Nürnbg OLGR 99, 263). Nach übereinstimmender Erledigung der Hauptsache ist Klagerücknahme ausgeschlossen (Bambg NJW-RR 97, 1365 [OLG Bamberg 12.11.1996 - 2 WF 76/96]).
II. Einwilligung des Bekl (Abs 1).
Rn 5
Erforderlich ab Beginn der mündlichen Verhandlung dh idR mit Stellung des Klageabweisungsantrags (§ 137 I). Um einen Prozess nicht mit Schwebezuständen zu belasten, kann die Einwilligung nur in dem Termin erklärt werden, in dem bzw. vor dem die Rücknahme schriftsätzlich erfolgt ist (Ddorf 14.4.16 I-15 W 8/16 – juris), also nicht mit Erörterung von Zulässigkeitsfragen oder der Sachlage mit dem Gericht (Dresd OLGR 97, 187), Güteverhandlung (BGHZ 100, 383), Erklärungen des nicht postulationsfähigen Gegners (Stuttg OLGR 04, 159). Im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 II entspricht die Zustimmungserklärung des Bekl dem Beginn der mündlichen Verhandlung.
III. Erklärung (Abs 2).
Rn 6
Gegenüber Streitgericht (BGH MDR 81, 1002) durch Einreichung eines Schriftsatzes oder in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll (S 2). Rücknahme und Einwilligung sind als Prozesshandlung unwiderruflich, bedingungsfeindlich und unanfechtbar (BGH NJW-RR 08, 85 [BGH 26.09.2007 - XII ZB 80/07]), auch wenn sie nach einem unzutreffenden gerichtlichen Hinweis erklärt worden ist (Schlesw SchlHA 12, 350).
1. Rücknahme.
Rn 7
Kann auch durch schlüssiges Verhalten erklärt werden. Erforderlich dafür ist, dass das Verhalten der Partei den Willen zur Rücknahme eindeutig und unzweifelhaft ergibt (BGH NJW-RR 96, 885). Keine konkludente Klagerücknahme ist die bloße Nichtzahlung des Auslagenvorschusses (Ddorf BauR 02, 350) oder die Rücknahmeerklärung in einem anderen Verfahren (BGH MDR 81, 1002). Erklärt der Kl nach nur tw bewilligter PKH, dass der Klageantrag nur im Umfang bewilligter PKH gestellt werde, liegt darin eine konkludente Klagerücknahme (Hamm NJW-RR 06, 7); vor Klagezustellung kann PKH-Antrag ohne Einschränkung zurückgenommen werden (Nürnbg FamRZ 00, 36). Eine Verpflichtung zur Klagerücknahme (BGH WM 86, 1061) hat nicht die Wirkung einer Klagerücknahme; wird die Rücknahme dem Gericht nicht erklärt, kann der Bekl die Verpflichtung einwenden, so dass die Klage als unzulässig abzuweisen ist (BGH NJW 64, 549). Trotz Anwaltszwangs (§ 78) kann der Revisions- oder Nichtzulassungsbeschwerdegegner seine Klage durch seinen nicht beim BGH zugelassenen RA zurücknehmen (BGHZ 93, 12). Nach Abgabe der Sache an das LG im Mahnverfahren kann der Kl ohne RA beim LG den Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens und auch die Klage (Kobl NJW-RR 00, 1370) zurücknehmen (§ 696 IV 2). Wird nur der Antrag auf streitiges Verfahren (§ 696 IV) zurückgenommen, nicht aber der Mahnantrag, können dem Kl nach § 269 III 2 die Kosten nicht auferlegt werden (BGH NJW-RR 06, 201 [BGH 21.07.2005 - VII ZB 39/05]).
2. Einwilligung.
Rn 8
Muss nicht ausdrücklich erfolgen, sondern kann sich aus sonstigen Umständen ergeben, wenn sicher feststeht, dass der Bekl mit der Rücknahme einverstanden ist (Kobl 11.7.02 5 U 291/01 juris), zB Einlassung auf den Sachantrag (BAG NZA 07, 278) oder Stellung eines Kostenantrags (Celle ZIP 11, 2127). Abs 2 S 4 fingiert die Einwilligung, wenn der Bekl nach Belehrung nicht binnen einer Notfrist zwei Wochen widerspricht. Aus prozessökonomischen Gründen kann Einwilligung bereits vor der Klagerücknahme erfolgen (str). Zur Rücknahme eines Antrages auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bedarf es auch nach mündlicher Verhandlung nicht der Zustimmung des Gegners (Zweibr 4.9.20 – 2 U 24/20 juris).
Rn 9
Verweigerung der Einwilligung ist auch konkludent möglich. Da die Einwilligung nicht in dem Termin erfolgen muss, in welchem die Klagerücknahme erklärt wurde (Dresd MDR 97, 498 [OLG Koblenz 19.02.1997 - 13 WF 125/97]), gilt es nicht als Verweigerung, wenn der Bekl sich nicht sofort äußert.
Rn 10
Der Widerspruch des Bekl als Berufungskl gegen die tw Klagerücknahme ist rechtsmissbräuchlich, wenn er damit die mündliche V...