Prof. Dr. Ulf P. Börstinghaus
Rn 17
Dem Vermieter müssen besondere Nachteile entstehen (LG Berlin NJW 14, 1188; GE 14, 1139; Blank IMR 14, 537). Normale Nachteile, die jeder Gläubiger einer rechtshängigen Forderung erleiden kann, wie zB die drohende Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, auch wg Dauer des Prozesses (LG Saarbrücken WuM 15, 630, 631; LG Berlin GE 14, 1139; Meyer-Abich NJW 19, 1504); aA Zehelein WuM 13, 133, 138), reichen nicht aus. Selbst die Gefahr des Totalverlustes der Forderung reicht nicht aus (Abramenko § 5 Rz 36; Börstinghaus WuM 13, 658, 660; aA Celle NZM 13, 729). Es müssen darüber hinaus Nachteile eintreten (Börstinghaus in Börstinghaus/Eisenschmid § 283a Rz 25 ff; Kinne GE 14, 1240, 1244: ›Existenzgefährdung‹). Ein während des Prozesses eintretender Liquiditätsengpass reicht als Nachteil nicht aus (LG Saarbrücken WuM 15, 630, 631; LG Berlin NZM 14, 268; Emmerich NZM 14, 881, 887). Entscheidend sind nur Nachteile hinsichtlich der nach Rechtshängigkeit fällig gewordenen Ansprüche (Celle NZM 13, 729). Einzubeziehen ist die Höhe des Zahlungsrückstandes und die Bedeutung der Forderung (LG Berlin GE 14, 1139). Der Gesetzgeber wollte vor allem Privatvermieter schützen, die auf den Eingang der Mieten zum Bestreiten des Lebensunterhalts oder zur Finanzierung des Gebäudes besonders angewiesen sind, weil sonst ggf die Zwangsversteigerung droht (Börstinghaus NJW 13, 3265; Meyer-Abich NJW 19, 1504; ders NZM 16, 329, 334). Auch hier ist aber eine umfassende Darlegung der Vermögensverhältnisse erforderlich (LG Berlin NJW 14, 1188 [LG Berlin 21.02.2014 - 63 T 18/14]; Kinne GE 14, 1240, 1244), weshalb Privatvermieter sich scheuen, sich diese Blöße zu geben (Meyer-Abich NJW 19, 1504). Bleiben bei einem Forderungsausfall nur ca 20 EUR ungedeckte monatliche Darlehensverbindlichkeiten übrig, liegt kein besonderer Nachteil vor (LG Saarbrücken WuM 15, 630, 631 [AG Köln 04.06.2013 - 205 C 592/12]). Bei gewerblichen Vermietern sind die Anforderungen sogar noch erheblich strenger (LG Berlin GE 14, 1139; Meyer-Abich NJW 19, 1504; Flatow NJW 13, 1185, 1190). Ein Forderungsausfall von 4 % reicht auch bei sehr hoher absoluter Forderungshöhe ebenso wenig aus wie ein vertraglich vereinbarter ›cash trap‹ (Celle NZM 13, 729 [OLG Celle 17.09.2013 - 2 W 205/13]; aA Hinz infoM 13, 399). Bloße Zahlungsunwilligkeit bei bestehender Zahlungsfähigkeit reicht nie (Schmidt-Futterer/Streyl § 283a Rz 29; Börstinghaus NJW 13, 3265). Das gleiche gilt, wenn es bereits einen – vorläufig – vollstreckbaren Titel gibt. Daraus kann dann sogar Zahlung und nicht nur eine Sicherheit verlangt werden. Zu den Nachteilen gehören auch die Tatsachen, dass die Verfahrensdauer sich infolge der Corona-Pandemie und der Terminverlegung zum Schutz der Ausbreitung des Corona-Virus die gewöhnliche Verfahrensdauer für Räumungs- und Zahlungsklagen erheblich übersteigt, sich der Vermieter durch den erheblichen Forderungsausfall in seiner Lebenshaltung einschränken muss und zudem das bewilligte Darlehen zum Erwerb der Immobilie nicht mehr ordnungsgemäß bedienen kann (AG Seligenstadt MietRB 20, 236 m Anm Börstinghaus jurisPR-MietR 21/20 Anm 4). Die Möglichkeit nach § 940a III eine einstweilige Verfügung auf Räumung zu beantragen, gehört nicht zu den zu berücksichtigenden Nachteilen (AG Dortmund NZM 14, 903 [AG Dortmund 13.02.2014 - 425 C 533/14]; Schmidt-Futterer/Streyl § 283a Rz 27; Emmerich NZM 14, 881, 889; MüKoZPO/Prütting § 283a Rz 8; aA Lützenkirchen ZMR 12, 607). Die Sicherungsanordnung soll nur die Forderung sichern und nicht einen neuen Räumungsanspruch schaffen.