Rn 32
Soweit Foto-, Film-, Video- oder ähnliche Bildaufzeichnungen unter Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts entstanden sind, können sie grds ebenfalls nicht als Beweismittel verwertet werden (BVerfGE 101, 361, 393 ff = NJW 00, 1021, 1022 f; BGHZ 35, 363, 365 = NJW 61, 2059 – Ginsengwurzel; Köln NJW 05, 2997, 2998; Ddorf NJW 07, 780 f; ausf Horst NJW 09, 1787 ff; Elzer NJW 13, 3537 ff; Stöber NJW 15, 3681 ff). Dies gilt etwa für die Videoüberwachung eines Stellplatzes in einer Tiefgarage (Karlsr NJW 02, 2799f [OLG Karlsruhe 08.11.2001 - 12 U 180/01]), einer Waschküche nach der Beschädigung von Waschmaschinen (Köln NJW 05, 2997f [OLG Köln 05.07.2005 - 24 U 12/05]), eines PKW-Parkplatzes (AG Meldorf MDR 12, 277 ff [AG Meldorf 11.07.2011 - 83 C 568/11]), einer Zahnarztpraxis (OVG Berlin MedR 17, 898 [LSG Baden-Württemberg 01.02.2017 - L 5 KA 5013/14]) oder eines Fahrstuhls nach Graffiti-Schmierereien (KG WuM 08, 663). Die Rspr ist dabei sehr zurückhaltend, selbst wenn es in der Vergangenheit bereits zu Sachbeschädigungen oder Diebstählen gekommen ist. Unerheblich ist es dabei, ob die Videoüberwachung tatsächlich stattgefunden hat, weil eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts nach der Rspr bereits in dem auch durch eine entsprechende Attrappe herbeigeführten Überwachungsdruck liegen kann (BGH NJW 10, 1533, 1535 [BGH 16.03.2010 - VI ZR 176/09]; Köln NJW 17, 835, 836 [OLG Köln 22.09.2016 - 15 U 33/16] Rz 25). Selbst wenn die Videokamera in einer Reihenhausanlage nur auf das Sondereigentum eines Eigentümers gerichtet ist, kann deshalb im Einzelfall ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der übrigen Eigentümer vorliegen, wenn diese objektiv ernsthaft eine Überwachung befürchten müssen (BGH NJW-RR 12, 140f [BGH 21.10.2011 - V ZR 265/10]). Ist die Intimsphäre nicht betroffen, etwa bei reinen Sachaufnahmen, wird das Interesse des Beweisführers an der Verwertung regelmäßig überwiegen (vgl Celle MDR 80, 311 – Aufnahme eines Balkons). Das Gleiche kann trotz Vorliegens einer Persönlichkeitsrechtsverletzung auf Grund einer entsprechenden Güterabwägung gelten, wenn die schutzwürdigen Interessen des Beweisführers höher einzuschätzen sind. Die heimliche Videoüberwachung eines Arbeitnehmers ist danach gerechtfertigt, wenn der konkrete Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer ähnlichen schweren Verfehlung zu Lasten des Arbeitgebers besteht und die Videoüberwachung das einzig verbleibende Mittel zur Aufklärung des Verdachts darstellt (BAG NJW 03, 3436, 3437; BAGE 142, 176, 182 = MDR 12, 1233, 1234 [BAG 21.06.2012 - 2 AZR 153/11]; s dazu auch Kiethe MDR 05, 965, 969; Bauer/Schansker NJW 12, 3537 ff; Bergwitz NZA 12, 353, 355 ff; Byers/Pracka BB 13, 760, 762 ff; Alter NJW 15, 2375 ff [BGH 27.11.2014 - I ZR 124/11]). Der Verwertung steht auch nicht entgegen, dass das Beweismaterial unter Verstoß gegen § 6b II BDSG gewonnen wurde (BAG MDR 12, 1233, 1234) oder der Betriebsrat der Überwachung nicht zugestimmt hat (BAG NJW 03, 3436, 3438 [BAG 27.03.2003 - 2 AZR 51/02]). Diese Rspr ist nunmehr auch vom EMGR gebilligt worden (EMGR NZA 19, 1967 ff; s dazu auch Hembach NJW 20, 128 ff; Körner NZA 20, 25 ff). Liegen danach die Voraussetzungen für eine gerechtfertigte verdeckte Videoüberwachung vor, kann auch die Verwertung eines Zufallsfundes einer derartigen Überwachung zulässig sein (BAG NJW 17, 843, 845 [BAG 22.09.2016 - 2 AZR 848/15] Rz 28 ff m Anm Wybitul). Beruht der Verdacht des Arbeitgebers allerdings nicht auf konkreten Tatsachen, kann die dann vorliegende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einen Geldentschädigungsanspruch des rechtswidrig überwachten Arbeitnehmers begründen (BAG NJW 15, 2749, 2751 [BAG 19.02.2015 - 8 AZR 1007/13] Rz 28 ff m Anm Krieger; s dazu Seel MDR 15, 1213 ff).
Rn 33
Aber auch außerhalb des Arbeitsrechts kann die Verwertung einer heimlichen Video- oder Filmaufnahme zulässig sein, wenn dadurch der Nachweis einer erheblichen Straftat erbracht werden kann oder eine notwehrähnliche Lage vorliegt (Ddorf NJW-RR 98, 241 – Aufzeichnung eines Überfalls; Saarbr FamRZ 11, 985 f – Nachweis von Belästigungen durch einen Stalker; AG Zerbst NJW-RR 03, 1595 – ›wildes‹ Urinieren im Keller eines Mietshauses; ausf Stöber NJW 15, 3681 ff). Heftig umstritten war bislang die Frage, ob Videoaufnahmen, die von einer im Fahrzeug angebrachten Mini-Kamera – eine sog Dash-Cam – als Beweismittel iRe Verkehrsunfallprozesses verwertet werden können. Der BGH hat diese Streitfrage nunmehr dahingehend entschieden, dass zwar die permanente anlasslose Aufzeichnung des Verkehrsgeschehens nach den geltenden datenschutzrechtlichen Bestimmungen unzulässig ist, entsprechende Aufnahmen aber gleichwohl im Zivilprozess als Beweismittel verwertet werden können. Die Rechtswidrigkeit der Beweiserhebung führe gerade nicht ohne Weiteres zu einem Beweisverwertungsverbot. Bei der gebotenen Abwägung der beiderseitigen Interessen überwiege das Interesse des Beweisführers an der Durchsetzung seiner zivilrechtlichen Ansprüche iVm s...