Rn 7
Die Rspr hat die Anwendung des § 286 I in diesem Bereich zT sehr stark eingeschränkt, indem sie allein auf den unklaren Begriff des ›Betroffenseins‹ abgestellt hat. Zur Anwendung des § 287 soll es danach genügen, dass der Vertragspartner oder der durch die jeweilige Vorschrift Geschützte durch ein bestimmtes Ereignis tatsächlich in seinen Rechten ›betroffen‹ worden ist (BGHZ 4, 192, 196 = NJW 52, 301; NJW 83, 998 f; VersR 74, 782, 783; 75, 540, 541). Dagegen ist zu Recht eingewandt worden, dass dadurch die haftungsbegründende Kausalität und damit der Haftungsgrund bereits mit der konkreten Gefährdung des geschützten Rechtsgutes gegeben ist (zur Kritik vgl Arens ZZP 88 [75], 1, 8 ff; Stoll AcP 176 [76], 145, 185f). Es ist vielmehr daran festzuhalten, dass der Ursachenzusammenhang zwischen der Handlung des Schädigers und der Verletzung eines absoluten Rechts, Rechtsguts oder Vermögens des Geschädigten auf jeden Fall zur haftungsbegründenden Kausalität gehört (MüKoZPO/Prütting Rz 10; St/J/Thole Rz 15; R/S/G § 115 Rz 14). Bei Vertragsverletzungen hat dies zur Folge, dass der Zusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Beeinträchtigung des Rechtgutes nach § 286 I zu beurteilen ist, während sämtliche Schadensfolgen dem Beweismaßstab des § 287 unterfallen (so wohl auch BGH NJW 93, 3073, 3076 [BGH 15.06.1993 - XI ZR 111/92]). Bei deliktischen Ansprüchen gehört der Kausalzusammenhang zwischen der Handlung des Schädigers und der ersten Rechtsgutsverletzung zur haftungsbegründenden Kausalität und damit zum Anwendungsbereich des § 286 I (BGH NJW 20, 3176, 3177 [BGH 23.06.2020 - VI ZR 435/19] Rz 13 m Anm Almeroth). Nach dieser Vorschrift zu beurteilen ist deshalb zB der Zusammenhang zwischen einem Arztfehler und der Gehbehinderung eines Patienten (BGH NJW 87, 705, 706 [BGH 24.06.1986 - VI ZR 21/85]), die Kausalität zwischen einem Hirnschaden in seiner konkreten Ausgestaltung und einer fehlerhaften Geburtseinleitung (BGH NJW 98, 3417, 3418 [BGH 21.07.1998 - VI ZR 15/98]) oder die Ursächlichkeit eines Unfalls für ein HWS-Syndrom (Celle NJW-Spezial 10, 233; München NJW 11, 396 f [OLG München 05.11.2010 - 10 U 2401/10]; Ddorf NJW 11, 3043 ff [OLG Düsseldorf 12.04.2011 - I-1 U 151/10]; s. dazu ausf Jahn NJW-Spezial 12, 457f). Der Maßstab des § 286 I ist auch heranzuziehen, wenn es um die Frage geht, ob frühere Krankheiten oder Gebrechen bei der durch einen Unfall verursachten Gesundheitsbeschädigung mitgewirkt haben (BGH MDR 12, 154 [BGH 23.11.2011 - IV ZR 70/11]). Der Streit um die Abgrenzung zwischen haftungsbegründender und haftungsausfüllender Kausalität verliert allerdings an Relevanz, wenn man auch für die Feststellung der haftungsbegründenden Kausalität iRd § 286 I entsprechende Beweiserleichterungen – etwa im Wege des Anscheinsbeweises – zulässt (s § 286 Rn 34).