Rn 17
§ 287 II erweitert den Anwendungsbereich der Norm auf alle vermögensrechtlichen Streitigkeiten, soweit es sich um Ansprüche auf Geld oder vertretbare Sachen handelt. Nach seinem Wortlaut setzt die Anwendung des § 287 II lediglich voraus, dass die Höhe der jeweiligen Forderung streitig ist und deren vollständige Aufklärung mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zur Bedeutung des streitigen Teils der Forderung in keinem Verhältnis stehen. Dies ist etwa der Fall bei unverhältnismäßig hohen Kosten einer Beweisaufnahme (vgl BGH NJW 05, 2074, 2075 [BGH 20.04.2005 - VIII ZR 110/04] für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete auf Grund eines qualifizierten Mietspiegels anstatt eines Gutachtens). § 287 II bezieht sich allerdings nur auf Streitigkeiten über die Höhe einer Forderung, nicht dagegen auf den Haftungsgrund und die Kausalität. Eine weitere Einschränkung ergibt sich daraus, dass Abs 2 nur auf die S 1 und 2 des Abs 1 verweist und dementsprechend die sog Schätzungsvernehmung des § 287 I 3 ausgeschlossen ist. Eine Parteivernehmung kann daher nur unter den engen Voraussetzungen des § 448 angeordnet werden.
Rn 18
§ 287 II greift zB ein bei einem Anspruch auf Anpassung eines Prozessvergleichs wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage (BGH NJW 84, 1746, 1747; Köln NJW 94, 3236, 3237), bei der Bemessung eines Mehr- oder Minderbedarfs im Unterhaltsrecht (BGH FamRZ 01, 1603, 1604; Hamm NJW 05, 369, 370), bei der Berechnung des konkreten Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen (Hamm FamRZ 14, 777, 778), bei der Schätzung des Werts der als Nutzungen herauszugebenden Gebrauchsvorteile (BGHZ 115, 47, 49 = NJW 91, 2484; zur Berechnung Kobl MDR 14, 770, 771), bei einer Minderung nach §§ 437 Nr 2, 441 BGB (BGH NJW 05, 1157, 1158), bei dem Anspruch auf angemessene Vergütung für die rechtswidrige Veröffentlichung eines Fotos (BGH NJW 92, 2084, 2085 [BGH 14.04.1992 - VI ZR 285/91]), bei dem Umfang der Ausgleichspflicht bei Rückgewähr einer ehebedingten Zuwendung (BGH NJW-RR 02, 1297 ff [BGH 27.03.2002 - XII ZR 143/00]), bei der Berechnung eines Ausgleichsanspruchs nach § 89b HGB (BGH NJW 00, 1413, 1415), bei der Angemessenheit von Preiserhöhungen eines Energieunternehmens (BGHZ 207, 209, 242 Rz 90 = NJW 16, 1718), bei der Bemessung der wirtschaftlichen Vorteile der privaten Nutzung eines Firmenfahrzeugs bei der Berechnung des unterhaltsrelevanten Einkommens (Bambg FamRZ 07, 1818; Karlsr FamRZ 16, 237, 238), bei der Schätzung eines Stichtagszuschlags im Rahmen eines Mieterhöhungsverlangens (BGH NJW 17, 2679, 2682 Rz 29), bei der Bewertung eines Vermögensgegenstandes im Zugewinnausgleich (BGH FamRZ 11, 183, 184), bei der Frage, ob ein Bürgschaftsgläubiger bei Erteilung der Bürgschaft mit Zahlungen des Bürgen vernünftigerweise hat rechnen dürfen (BGHZ 132, 328, 338 = NJW 1996, 2088), bei der Bestimmung, inwieweit ein Gläubiger voraussichtlich mit seiner Forderung gegen den Schuldner ausfallen wird und daher insoweit einen Dritten im Wege der Gläubigeranfechtung in Anspruch nehmen kann (BGH NJW 12, 1220, 1221 [BGH 08.12.2011 - IX ZR 33/11]) sowie bei einem Abzug ›neu für alt‹ (Karlsr NJW-RR 88, 370, 373 [OLG Karlsruhe 10.04.1987 - 14 U 5/85]; AG Bad Hersfeld NJW-RR 99, 1211, 1212). Eine zumindest entsprechende Anwendung kommt in Betracht bei der Feststellung der Masseunzulänglichkeit (BGHZ 147, 28, 38 = NJW 01, 3704, 3706; BGHZ 154, 358, 369 = NJW 03, 2454, 2457).