Rn 2
Allgemeinkundig sind Tatsachen, die in einem größeren oder kleineren Bezirk einer beliebig großen Menge bekannt sind oder wahrnehmbar waren und über die man sich aus zuverlässigen Quellen ohne besondere Fachkunde sicher unterrichten kann (R/S/G § 113 Rz 25 im Anschluss an BVerfGE 10, 177, 183 = NJW 60, 31 [BVerfG 03.11.1959 - 1 BvR 13/59]). Dazu gehören etwa historische und politische Begebenheiten, geographische oder örtliche Verhältnisse, Börsenkurse, Unglücksfälle, Zahlenangaben in statistischen Jahrbüchern (BGH NJW-RR 93, 1122), der in der Fachpresse monatlich veröffentlichte Lebenshaltungskostenindex (BGH NJW 92, 2088, 2089 [BGH 24.04.1992 - V ZR 52/91]; MDR 05, 534), die Nichtexistenz magischer Kräfte (LG Kassel NJW-RR 88, 1517; LG Aachen MDR 89, 63), die Verkehrsgeltung berühmter Marken (BGHZ 205, 22, 26 Rz 10 – Puma; München GRUR-RR 01, 303: adidas) oder die Lichtverhältnisse an einem bestimmten Tag (BGH NJW 07, 3211 [BGH 10.05.2007 - III ZR 115/06]; Hamm MDR 13, 1458 [OLG Brandenburg 27.08.2013 - 6 U 84/12]). Grds allgemeinkundig sind auch Erkenntnisse aus dem Internet, jedenfalls soweit sie ohne weiteres zugänglich und zuverlässig sind (Frankf NJW-RR 08, 1194 [OLG Stuttgart 21.04.2008 - 5 U 22/08] – Materialrecherche zu den Inhaltsstoffen von Bauplatten; Dresd NJW-RR 07, 1619 f [OLG Dresden 20.06.2007 - 13 W 165/07] – Regeln des Motocross-Dachverbandes; Köln MDR 16, 1266 [OLG Köln 25.05.2016 - 1 W 6/16] – Wert von Gegenständen; ArbG Siegen MMR 06, 836 [ArbG Siegen 03.03.2006 - 3 Ca 1722/05] – Recherche nach einer polnischen Telefonnummer; vgl dazu ausf Dötsch MDR 11, 1017 f; Greger FS Stürner 13, 292 f; zweifelhaft aber AG Köln NJW 11, 2979 [AG Köln 20.04.2011 - 201 C 546/10]: Einträge in Wikipedia; aA München NJW 19, 248 Rz 22: bestimmte Fahrzeugtypen iRd Dieselskandals; zu einer Internetrecherche ist das Gericht jedenfalls nicht verpflichtet, vgl Naumbg NJW-RR 12, 638). Nicht allgemeinkundig sind dagegen Umstände, die zwar allgemein bekannt, deren Wirkungen aber einzelfallbezogen sind (zutr Jäckel Rz 406). So ist zwar die Impulsartigkeit von Tennislärm allgemeinkundig, macht aber die Feststellung der konkret vorhandenen Belästigung nicht entbehrlich (Schlesw NJW-RR 91, 715, 716 [OLG Schleswig 20.12.1990 - 5 U 89/89]; anders wohl München MDR 04, 531 = OLGR 04, 167: Offenkundigkeit der Beeinträchtigung des Mietgebrauchs durch den Betrieb einer Ganztagsschule mit 450 Schülern im gleichen Gebäude). In diesen Fällen dürfte aber häufig ein Anscheinsbeweis eingreifen.