Rn 28

Die Zurückweisung von Vorbringen als verspätet verstieße gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art 103 GG), wenn sich ohne weitere Erwägungen aufdrängt, dass die Verzögerung auch bei rechtzeitigem Vorbringen eingetreten wäre (Rn 15), dass also die Pflichtwidrigkeit – die Verspätung allein – nicht kausal für die Verzögerung ist (BVerfG NJW 95, 1417 [BVerfG 27.01.1995 - 1 BvR 1430/94]; BGH NJW-RR 05, 1296, 1297 [BGH 09.06.2005 - VII ZR 43/04]). Ist ohne jeden Aufwand erkennbar, dass die Verspätung allein nicht kausal für eine Verzögerung des Rechtsstreits ist, wäre eine Präklusion rechtsmissbräuchlich, denn sie dient erkennbar nicht dem mit ihr verfolgten Zweck (BGH NJW-RR 11, 526, 527 [BGH 10.02.2011 - VII ZR 155/09]: zu § 379 S 2; zur verspäteten Klageerwiderung mit Bestreiten Zweibr 12.12.18 – 1 U 117/16). So kann eine um wenige Tage verfristete, aber vor Terminsbestimmung eingegangene Einspruchsbegründung nicht gem §§ 340 III, 296 I deswegen zurückgewiesen werden, weil in ihr für erheblichen Beklagtenvortrag Zeugen benannt werden und dazu zunächst der Gegenseite die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt werden müsste: Dieses und die Zeugenvernehmung im Einspruchstermin (§ 341a – s Rn 56) hätte in gleicher Weise bei rechtzeitigem Eingang veranlasst werden müssen (so BVerfG NJW 95, 1417, 1418 [BVerfG 27.01.1995 - 1 BvR 1430/94]; ähnl Dresd NJW-RR 99, 214, 215; zum Sachverständigengutachten Celle 20.5.20 – 14 U 3/20). Im Übrigen ist, hat ein Dritter die Verspätung ohne Zusammenhang mit der Parteiverspätung mit verursacht, die Verspätung der Partei nicht zuzurechnen (Rn 33; Wieczorek/Schütze/Weth Rz 134, 143).

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