Rn 6
Es dürfen nicht die Voraussetzungen der Wiedereröffnung (s dazu § 156 Rn 2; BGH NJW 93, 134; 00, 142, 143; BAG NJW 08, 1097, 1101f [BAG 06.09.2007 - 2 AZR 264/06]) vorliegen. Daher sind nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangene, nicht nachgelassene Schriftsätze daraufhin zu überprüfen, ob darin enthaltene rechtliche Ausführungen Anlass für die Wiedereröffnung des Verfahrens gemäß § 156 geben (BGH 16.9.16 – V ZR 3/16 Rz 13). Insoweit ist – vom Fall eines Wiederaufnahmegrundes abgesehen – die Wiedereröffnung nur geboten, wenn sich aus dem nicht nachgelassenen Vorbringen ergibt, dass es aufgrund eines nicht prozessordnungsgemäßen Verhaltens des Gerichts, insb einer Verletzung der richterlichen Aufklärungspflicht oder des Anspruchs auf rechtliches Gehör, nicht rechtzeitig in den Rechtsstreit eingeführt worden ist (BGH NJW 00, 142, 143; 07, 1357, 1360 [BGH 11.01.2007 - IX ZR 31/05]). Ferner darf kein Fall der Fristsetzungen nach §§ 283, 139 V vorliegen (s § 296 Rz 21, 23): Trägt die Partei innerhalb einer ihr nach § 283 Satz 1 gesetzten Frist zum verspäteten Vorbringen des Gegners vor, ist ihr (ggf neuer tatsächlicher)Vortrag (dazu BGH 27.2.18 – VIII ZR 90/17, NJW 18, 1686 Rz 22) – das Recht, zu dem Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung zu nehmen, umfasst auch das Recht, neue Beweisanträge zu stellen (BGH 25.10.13 – V ZR 147/12 Rz 25) – zu berücksichtigen und, wenn der Vortrag über den Rahmen einer einfachen Gegenerklärung hinausgeht, dem Gegner zur Kenntnis zu bringen (BVerfG 14.12.15 – 2 BvR 3073/14 Rz 15); im Ausnahmefall ist die Verhandlung wieder zu eröffnen. Das gilt selbst dann, wenn das Urt bereits gefällt (§ 309), aber noch nicht verkündet ist (BGH NJW 02, 1426 [BGH 01.02.2002 - V ZR 357/00]; BAG NJW 09, 1163, 1164 [BAG 18.12.2008 - 6 AZN 646/08]). Gibt das Gericht in der mündlichen Verhandlung einen neuen entscheidungserheblichen rechtlichen Hinweis, darf es die mündliche Verhandlung nicht ohne Weiteres schließen, wenn eine sofortige Äußerung nach den konkreten Umständen und den Anforderungen des § 282 I nicht erwartet werden kann (BGH NJW 99, 2123 [BGH 08.02.1999 - II ZR 261/97]; NJW-RR 08, 973f [BGH 13.03.2008 - VII ZR 204/06]). Es gewährt auf Antrag Schriftsatzfrist nach § 139 V (oder vertagt oder verfährt nach § 128 II), ansonsten wird wieder eröffnet (§ 156 II Nr 1; BGH NJW-RR 07, 412 [BGH 18.09.2006 - II ZR 10/05]; WM 05, 2338 [BGH 05.10.2005 - VIII ZR 16/05]; zum neuen Sachverständigengutachten BGH NZBau 09, 244 [BGH 18.12.2008 - VII ZR 200/06]). Gewährt es Frist nach § 139 V, ist dem Gegner zum in der Frist nachgereichten Schriftsatz rechtliches Gehör zu geben, insoweit durch ihn neuer entscheidungserheblicher Prozessstoff eingeführt wird. Dazu muss das Gericht die mündliche Verhandlung wiedereröffnen oder in das schriftliche Verfahren übergehen (BGH 20.9.11 – VI ZR 5/11: zum nachgelassenen Schriftsatz, mit dem präsente Beweismittel vorgelegt wurden, die nach § 285 I zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung zu machen sind). Wird erst nach Ablauf der gesetzten Frist ein Schriftsatz eingereicht, so hat das Gericht in entspr Anwendung von § 283 S 2 zu entscheiden, ob das verspätete Vorbringen berücksichtigt werden kann (BGH 20.2.14 – IX ZR 54/13 Rz 3). Keine Fristsetzung iSd §§ 283, 139 liegt schon darin, dass das Gericht den Parteien nachlässt, zu im Termin erörterten Fragen Stellung zu nehmen (BGH 7.5.15 – I ZB 83/14 Rz 8).