Rn 1
Justiz und Kommunikationspartner erstellen Schreiben seit langem in digitaler Form, meist unter Nutzung von Fachanwendungen. Bisher erfolgte jedoch meist ein Medienbruch. Es wurden die Schreiben nicht in der digitalen Form an den Empfänger übertragen, sondern ausgedruckt und per Post verschickt. Durch Rechtsverordnungen (vgl eAktVO) ist zunehmend geregelt, dass die Akten elektronisch geführt werden (Übersicht über die länderspezifischen Regelungen unter www.justiz.de; BeckOKZPO/Bacher § 298a Rz 2.1). Diese Einführung der sog E-Akte (vgl § 298a; krit Greger NJW 19, 3429) führt nun dazu, dass die digitalen Schreiben innerhalb des Gerichts unter Wahrung ihrer Form zwischen Geschäftsstelle und Entscheider übermittelt werden können. Die digitale Weiterübertragung nach außen an den Empfänger bzw umgekehrt der Empfang von diesem regelt der im G zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten v. 10.10.13 (BGBl. I 2013, 3786) definierte elektronische Rechtsverkehr (ERV; dazu Jost/Kempe NJW 17, 2705; Bacher NJW 15, 2753), der in Zivilsachen seit 1.1.18 flächendeckend die Übermittlung elektronischer Dokumente an die Gerichte erlaubt. Unter Verwendung digitalisierter Daten sollen gerichtliche Verfahren von der Klageeinreichung bis zur Urteilszustellung, und zwar auch die Sachbehandlung, die Aktenführung und die Archivierung (§§ 298a, 299 III, 299a), ohne Qualitätseinbuße schneller und effizienter ablaufen. Die Form der Übermittlung elektronischer Dokumente regelt die VO über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) v 24.11.17 (BGBl I 3803; vgl BGH 15.5.19 – XII ZB 573/18, NJW 19, 2230 Rz 11). Nach § 2 I ERVV ist das elektronische Dokument grds ist in druckbarer, kopierbarer und, soweit technisch möglich, durchsuchbarer Form im Dateiformat PDF zu übermitteln, bildliche Darstellungen können ggf zusätzlich im Dateiformat TIFF übermittelt werden. Nach § 2 III ERVV soll ein Strukturdatensatz beigefügt werden. Im Einzelnen werden die technischen Anforderungen unter www.justiz.de, zuletzt durch Bekanntmachung vom 20.12.18, bekannt gemacht (§ 5 I ERVV). Für das elektronische EB (zum Beweiswert OVG Saarlouis 27.9.19 – 1 D 155/19) ist § 174 IV zu beachten. Ist vom Gericht ein strukturierter Datensatz zur Verfügung gestellt, muss dieser genutzt werden.
Rn 2
Einen günstigen und einfachen Übertragungsweg, ein elektronisches Dokument verschlüsselt zu versenden, bietet das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP – s https://egvp.justiz.de/gerichte/index.php) mit seinem virtuellen Briefkasten (§ 4 I Nr. 2 ERVV; Einzelheiten bei Müller JuS 18, 1193; NZA 19, 11, 12f). Daneben ist eine Sende- und Empfangskomponente – quasi ein virtueller Postbote – erforderlich, der zur Kommunikation mit Behörden zT kostenlos erhältlich ist (https://egvp.justiz.de/Drittprodukte/index.php). Mit diesen Komponenten kann ein Postfach mit Registrierung im SAFE-System einfach eingerichtet werden. Mit Zuweisung der elektronischen Identität (SAFE-ID) kann der Teilnehmer über EGVP rechtsverbindlich, sicher und vertraulich Nachrichten, der (ähnl wie bei herkömmlichen E-Mail-Programmen) als Anhang ein Schriftsatz (als pdf-Dokument) beigefügt werden kann, an die Justiz schicken und von ihr empfangen. Vorbereitende Schriftsätze können generell als elektronisches Dokument bei Gericht eingereicht werden. Damit das übersandte elektronische Dokument auch der Schriftform (vgl BGH NJW 10, 2134 Rz 12; 11, 1294 Rz 8) genügt, bedarf es zusätzlich einer qualifizierten elektronischen Signatur (qeS; § 130a III bzw Art 3 Nr 12 iVm Art 25 II eIDAS-VO), damit die Identifikationsfunktion der Unterschrift gewahrt ist (BGH NJW 10, 2134 [BGH 14.01.2010 - VII ZB 112/08] Rz 24). Hierfür ist eine Signaturkarte eines Zertifizierungsdiensteanbieters (Übersicht unter: www.bundesnetzagentur.de) und ein Kartenlesegerät nötig. Entspr werden auch gerichtliche elektronische Dokumente signiert (§ 130b). Anlagen zu vorbereitenden Schriftsätzen müssen nicht signiert sein (§ 130a III 2). Abschriften sind obsolet (§ 133 I 2; Rn 5). IÜ verursacht es erheblichen Mehraufwand, wenn neben dem elektronischen Dokument das Schreiben als Fax übersandt wird. Dieses ist unnötig. Der Absender des elektronischen Dokuments erhält eine automatisierte Eingangsbestätigung (§ 130a V 2) über den Zeitpunkt des Eingangs bei Gericht (vgl BTDrs 17/12634, 26), aufgrund derer er von einem ordnungsgemäßen Eingang ausgehen darf (BAG 7.8.19 – 5 AZB 16/19, NJW 19, 2793 Rz 20; BFH 5.6.19 – IX B 121/18, NJW 19, 2647 Rz 1 m Anm Müller NZA 19, 1120, 1122f).
Rn 3
Eine einfache Signatur (Art 3 Nr 10 eIDAS-VO) reicht bei Wahl eines per se sicheren Übertragungswegs (vgl § 4 I Nr. 1 ERVV), wie sie § 130a IV nennt. So ist für RA ein nach § 130a IV Nr 2 sicheres besonderes elektronisches Anwaltspostfach (beA – vgl bea.brak.de; Leuering NJW 19, 2739) eingerichtet (§ 31a I 1 BRAO)...