Rn 4
Für viele Fälle ist die Wertfestsetzung gesetzlich geregelt (normativer Streitwert), insb in §§ 6–9 ZPO, §§ 39 ff GKG, §§ 33 ff FamGKG. Grundlage sind zunächst die Angaben des Angreifers, die klar und bestimmt sein müssen (KG NJW-RR 17, 703 [KG Berlin 31.01.2017 - 21 W 2/17]). Die Bewertung bezifferter Anträge mit dem angegebenen Betrag folgt einem ungeschriebenen Grundsatz des Streitwertrechts und ist daher ebenfalls normativ vorgegeben (Schumann NJW 82, 1257, 1258); in Familiensachen gilt insoweit § 35 FamGKG. § 3 ZPO ist im Verhältnis zu den normativen Vorgaben Auffangnorm (Schumann NJW 82, 1257, 1261). Nur bei deren Anwendung ist auf allg Grundsätze des Bewertungsrechts zurückzugreifen. Diese lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Da der Betreiber eines Verfahrens (Kl, Rechtsmittelführer) dessen Gegenstand festlegt, vgl nur § 253 II Nr 2, ist das hiermit verfolgte Interesse grundlegender Bewertungsansatz (Angreiferinteresse, RGZ 45, 402, 404; BGH NJW 94, 735; Karlsr JurBüro 15, 645: Interesse an günstigerem Konkurrenzangebot unerheblich; krit Giehring ZEV 14, 282; näher zur Erbfeststellung u Rn 116; NJW-RR 94, 1145, 1148 [BGH 11.07.1994 - II ZB 13/93]; KGR 97, 57; Schumann NJW 82, 1257, 1263; MüKoZPO/Wöstmann § 3 Rz 4). Folglich hat die Gegenleistung beim Antrag auf Verurteilung Zug um Zug grds keinen Einfluss (BGH NJW 82, 1048 [BGH 09.12.1981 - VIII ZR 280/80]; Nürnbg JurBüro 66, 876: neg Feststellungsklage; iÜ vgl Streitwert-Lexikon Zug-um-Zug), und zwar auch dann, wenn Klageforderung und Gegenleistung auf Zahlung von Geld gerichtet und damit gleichartig sind (BGH BeckRS 19, 15893). Das hat nicht zuletzt praktische Vorteile, da der Wert für die Klärung der Zuständigkeit und der Statthaftigkeit eines Rechtsmittels feststehen muss, bevor erkennbar wird, wie der Gegner sich verteidigt. Beschränkt sich der Streit auf ein Zurückbehaltungsrecht geringen Wertes, ist der Ansatz alleine des Letzteren zu erörtern (KG NJW 18, 3488; § 6 Rn 3).
Das Interesse des Beklagten, vor einem überhöhten Gebührenrisiko geschützt zu sein, ist unter dem verfassungsrechtlichen Aspekt des Justizgewährungsanspruchs zu berücksichtigen (BVerfG NJW-RR 00, 946 [BVerfG 16.11.1999 - 1 BvR 1821/94]; auch Rn 3); das Prinzip des Angreiferinteresses wird dadurch ausschl für den GeS im Rahmen praktischer Gegebenheiten eingeschränkt (vgl § 6 Rn 2).
Auf Seiten des verurteilten Rechtsmittelführers kommt es auf das Abwehrinteresse an (s Streitwert-Lexikon Rechtsmittel).