Rn 6
Den gesetzlichen Regelungen kommt bei der Wertfestsetzung nach § 3 Leitbildfunktion zu (Schumann NJW 82, 1257, 1259f). Das wirtschaftliche Interesse des Angreifers hat, soweit nicht andere gesetzliche Vorgaben bestehen, generell das entscheidende Gewicht (BGH NJW 94, 664 [BGH 12.10.1993 - X ZR 65/92]; St/J/Roth § 3 Rz 15). Aus § 6 ist für Geldforderungen das Nennwertprinzip abzuleiten; vgl auch § 35 FamGKG; die Werthaltigkeit eines Anspruchs ist ohne Bedeutung (RGZ 54, 411; BGH NJW 70, 2025; NJW-RR 88, 444; Hamm ZinsO 07, 215; Ausnahme bei Einbeziehung in einen Vergleich s. § 3 Rn 234; für Insolvenz § 3 Rn 170). Nur bei irrealen Forderungen ist iRd Bewertungsermessens eine Korrektur ggf auf den Mindestwert geboten (Ddorf VersR 74, 1034; MDR 03, 236; Dresd JurBüro 04, 141); für die Feststellungsklage ist in solchen Fällen eine Herabsetzung des Streitwertes ebenfalls erörtert worden (Karlsr AnwBl 74, 394; Hambg JurBüro 80, 279). Eine Überschreitung des Klageantrags entgegen § 308 I bleibt beim GeS unberücksichtigt (BGH MDR 74, 36).
Geht der Streit um die Fälligkeit (betagter Anspruch), bleibt es für die Klage beim Nennwert, weil das Angreiferinteresse bei sofortiger Durchsetzung als alleinigem Klageziel auf den vollen Wert gerichtet ist; für einen Ansatz beim reinen Verzögerungsinteresse des Beklagten fehlen objektive Kriterien (BGHR ZPO § 2 Beschwer 3; offengelassen in BGH WM 95, 2060; aA KG JurBüro 89, 1599: Abzinsung – gegen RGZ 118, 321, die jedoch BGH WM 95, 2060 ausdr billigt; Zö/Herget § 3 Rz 16 Fälligkeit; MüKoZPO/Wöstmann § 3 Rz 70); § 31b RVG ist insoweit ohne Einfluss. Für den ReS in der Berufung des Klägers zählt nur das Beschleunigungsinteresse (BGH WM 95, 2060 [BGH 26.09.1995 - XI ZR 36/95]: Maßstab Zinsverlust); in der Berufung des Beklagten ist dessen Interesse am Aufschub der Zahlung anzusetzen, wenn dieser den einzigen Streitpunkt darstellt (BGH aaO). Bedingte Ansprüche sind nach der Wahrscheinlichkeit des Bedingungseintritts zu bewerten (§ 3 Streitwert-Lexikon Bedingte Ansprüche). Vereinbarte Ratenzahlung steht dem Ansatz des vollen Nennwertes nicht entgegen (OLGR Köln 99, 404).
§ 6 ist des Weiteren zu entnehmen, dass der objektive Verkehrswert und das objektive wirtschaftliche Interesse grundlegender Anhaltspunkt der Bewertung sind (BGH MDR 01, 292; BayObLG JurBüro 95, 27; Stuttg JurBüro 07, 144; MüKoZPO/Wöstmann § 3 Rz 13; St/J/Roth § 3 Rz 14 f; vgl auch § 6); Liebhaberwert und Affektionsinteresse sind ohne Belang (so letztlich auch BGH FamRZ 1991, 547). Der Ertragswert ist in die Verkehrswertermittlung einzubeziehen, für sich alleine aber nicht maßgeblich (St/J/Roth § 6 Rz 16; aA für den Sonderfall einer gemischten Schenkung München JurBüro 84, 1401). Auf Versicherungs- oder Einheitswert kommt es nicht an. Eine Pauschalierung scheidet aus. Die gesetzlichen Regelungen bauen durchgehend auf einer individuellen Wertfestsetzung auf, so dass im Ansatz pauschaler Werte ein Ermessensfehlgebrauch läge.