Gesetzestext
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.
A. Grundlagen der Wertfestsetzung.
I. Freies Ermessen.
1. Allgemeines.
Rn 1
Dem Gericht ist bei der Wertfestsetzung in mehrfacher Hinsicht ein weiter Spielraum eröffnet, dessen Grenzen im Gebrauch pflichtgemessen Ermessens liegen (BGH NJW-RR 01, 569 [BGH 27.09.2000 - IV ZB 6/00]; MüKoZPO/Wöstmann § 3 Rz 2f). Das gilt bereits für die Frage, ob überhaupt eine Entscheidung ergeht (Rn 13). Eine Bewertung des Rechtsmittelinteresses durch das Berufungsgericht kann vom Revisionsgericht nur auf Ermessensüberschreitung oder -fehlgebrauch überprüft werden (BGH NJW 09, 2218 [BGH 22.04.2009 - XII ZB 49/07]; MDR 10, 765).
2. Tatsachen.
Rn 2
Bei der Feststellung der tatsächlichen Grundlagen des Streitwertes, namentlich des objektiven Verkehrswertes (Rn 6), genießt das Gericht weitgehende Freiheiten (›Verfahrensrechtlicher Dispens‹, Musielak/Heinrich § 3 Rz 10) und ist zugleich vAw zur sorgfältigen Aufklärung verpflichtet (BGH NJW-RR 18, 1421). Es ist an unstr und selbst an ausdr übereinstimmende Angaben der Parteien nicht gebunden (Frankf JurBüro 18, 250); diese haben andererseits einen hohen Indizwert, weshalb grds keine Bedenken bestehen, ihnen zu folgen (BGH FamRZ 91, 547; OLGR Hambg 07, 425; zum Einfluss auf die Zulässigkeit einer Streitwertbeschwerde Rn 24). Das gilt insbesondere dann, wenn zu diesem Zeitpunkt die Kostentragungspflicht noch offen ist (BGH MDR 12, 1429 [BGH 08.10.2012 - X ZR 110/11]).
Der vereinbarte Preis eines Gegenstandes ist tragfähiges Indiz für dessen Wert (BGH WM 97, 643 [BGH 04.12.1996 - VIII ZR 87/96]; München MDR 97, 599 [OLG München 10.03.1997 - 28 W 2542/96]). Abweichungen sind geboten, wenn zu niedrige Wertangaben die Interessen der Staatskasse beeinträchtigen (OLGR Hambg 07, 425) oder die Angaben keine hinreichende Substanz haben (OLGR Saarbr 08, 703); das bedarf insb dann kritischer Prüfung, wenn die Prozessbevollmächtigten aufgrund von Gebührenvereinbarungen an Wertangaben zutreffender Höhe kein Interesse haben (Ddorf NJW 11, 2979). Für Orientierung an § 23 III 3 RVG, wenn im Vortrag des Kl klare Anhaltspunkte fehlen München BeckRS 2016, 14499. In der Entscheidung über eine Beweisaufnahme ist das Gericht unabhängig von Anträgen der Parteien frei (München JurBüro 92, 561). Sie ist allenfalls dann erforderlich, wenn auch nach dem Parteivortrag eine verlässliche Bewertung schlechthin ausscheidet. Vorrang haben aus praktischen Erwägungen das Einvernehmen der Parteien und die freie Schätzung. § 294 gilt nur im Fall des § 511 III (BGH NJW-RR 98, 573). Auf Mittel der Glaubhaftmachung kann das Gericht jedoch auch im Rahmen seines Ermessens zurückgreifen.
In der Nichtzulassungsbeschwerde ist eine Korrektur von in der Vorinstanz erfolgten Wertangaben nicht möglich; insbesondere ist der Kl gehindert, neue Angaben zum Schadensumfang zu machen (BGH NJW 10, 681 [BGH 26.11.2009 - III ZR 116/09]; MDR 13, 926; MDR 18, 224 [BGH 19.10.2017 - VI ZR 19/17]).
Als Beweismittel kommt am ehesten ein Sachverständigengutachten in Betracht. Die Kosten können nur unter den Voraussetzungen des § 64 GKG einer Partei auferlegt werden; ansonsten sind sie von der Staatskasse zu tragen (Hartmann/Touissant/Toussaint § 64 GKG Rz 10 ff). Für das familienrechtliche Verfahren übernimmt § 56 FamGKG diese Regelung. Die Auswertung der Beweisergebnisse muss sich an § 286 orientieren (BGH NJW-RR 01, 569 [BGH 27.09.2000 - IV ZB 6/00]; NJW-RR 15, 383 [BGH 04.12.2014 - V ZR 57/14]: unzulängliches Gutachten).
3. Rechtliche Voraussetzungen.
Rn 3
Bei der Ermessensausübung muss das Gericht beachten, dass die Justizgewährungspflicht eine Wertfestsetzung verbietet, die einen Beteiligten mit einem unverhältnismäßigen Kostenrisiko belastet (BVerfGE 85, 337 [BVerfG 12.02.1992 - 1 BvL 1/89]; NJW-RR 00, 946 [BVerfG 16.11.1999 - 1 BvR 1821/94]; NJW 97, 311; eingehend § 6 Rn 2). Das ist insb bei Klärung der Frage zu berücksichtigen, welche tatsächlichen Grundlagen für die Bewertung herangezogen werden und wie immaterielle Gegenstände zu bewerten sind. Umgekehrt kommt dem Gesichtspunkt der Kostengerechtigkeit Bedeutung zu, da der GeS auch die Funktion hat, eine sachgerechte Entlohnung der Rechtsanwälte und die Einnahmen der Staatskasse zu sichern (so zutr B/L/H/A/G/Gehle Vor § 3 Rz 2). Das Grundrecht der Rechtsanwälte auf freie Ausübung ihres Berufs, Art 12 I GG, ist daher mit deutlichem Gewicht zu berücksichtigen (BVerfG MDR 05, 1373; AnwBl 07, 380 = FamRZ 07, 1081: Gebührenbemessung in PKH; NJW 07, 2098: Begrenzung der Gebühren bei hohen Streitwerten verfassungskonform; LAG Baden-Württemberg JurBüro 08, 250; OLGR Brandbg 09, 971: Arbeitsaufwand berücksichtigen).
II. Bewertung.
1. Rechtliche Grundlagen.
Rn 4
Für viele Fälle ist die Wertfestsetzung gesetzlich geregelt (normativer Streitwert), insb in §§ 6–9 ZPO, §§ 39 ff GKG, §§ 33 ff FamGKG. Grundlage sind zunächst die Angaben des Angreifers, die klar und bestimmt sein müssen (KG NJW-RR 17, 703 [KG Berlin 31.01.2017 - 21 W 2/17]). Die Bewertung beziffer...