Prof. Dr. Christoph Thole
Rn 20
Unter den vorstehenden Voraussetzungen kann in jedem Prozessstadium (auch in der Revisionsinstanz, so BGH NJW 95, 1093, 1095 [BGH 15.12.1994 - IX ZR 18/94]) ein Grundurteil erlassen werden, auch nach Aktenlage (§ 251a II). Bei einer Stufenklage ist die jeweilige Stufe durch Teil-, nicht durch Grundurteil zu erledigen (BGH NJW 89, 2821, 2822 [BGH 26.04.1989 - IVb ZR 48/88]; aA B/L/H/A/G/Hunke Rz 3). In der Rechtsmittelinstanz kommt ein Grundurteil (aber keine tw Zurückweisung der Berufung) nach erstinstanzlichem vollem Zuspruch auf die Klage in Betracht, wenn das Rechtsmittel sowohl Grund als auch Höhe des Anspruchs erfasst und beides streitig bleibt. Ein Grundurteil kommt auch nach vorangegangenem Teilurteil in Betracht (BGHZ 77, 88, 89).
Der Erlass des Urteils liegt im Ermessen des Gerichts (›kann‹), das nicht nachprüfbar ist (BGH WM 75, 141, 142; MüKoZPO/Musielak Rz 14). Das erlassende Gericht muss prüfen, ob die Spaltung des Rechtsstreits in zwei Teile (Rn 1) nach der Natur der Sache und den gegebenen Umständen zweckmäßig erscheint. Es ist untunlich, wenn sich Betrag und Grund nur schwer trennen lassen (Hamm NZBau 16, 763 [OLG Hamm 24.05.2016 - 24 U 10/14] Tz 142). Dagegen befreit das dem Gericht eingeräumte Ermessen nicht davon, die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Grundurteils vAw zu prüfen (BGH NJW 84, 2213, 2214 [BGH 24.02.1984 - V ZR 187/82]).
Rn 21
Das Grundurteil hat typischerweise folgenden Tenor: ›Der Klageanspruch ist dem Grunde nach gerechtfertigt‹. Denkbar ist auch – in bewusster Abgrenzung zum Feststellungsurteil – die Formel ›… wird … für gerechtfertigt erklärt‹. Über Kosten und vorläufige Vollstreckbarkeit verhält sich das Grundurteil nicht, wohl aber über Nebenforderungen. Klammert das Grundurteil einzelne Fragestellungen aus (Rn 15), so ist dies durch einen Vorbehalt kenntlich zu machen, der in die Urteilsformel aufgenommen werden sollte (›vorbehaltlich‹), zumindest aber in den Urteilsgründen kenntlich gemacht ist (BGH NJW 96, 700, 701). Entscheidend ist, dass der Umfang der Entscheidung erkennbar ist. Das Grundurteil ist fehlerhaft, wenn es eine Schadensersatzpflicht feststellt, in den Entscheidungsgründen aber davon abw für Teilbereiche des Klageanspruchs die Ersatzforderung verneint wird (Hamm NJOZ 06, 515, 519).
Soweit der Klageanspruch dem Grunde nach nur zu einem Teil gerechtfertigt ist, ist es regelmäßig zweckmäßig, durch Teilendurteil den nicht gerechtfertigten Teil schon jetzt abzuweisen und nicht bis zum Schlussurteil zu warten (aber keine Pflicht dazu im Falle des § 301 II, s § 301 Rn 18, aA B/L/H/A/G/Hunke Rz 23). In den Fällen eines einheitlichen Anspruchs, § 301 I 2, muss ein Teilurteil mit einem Grundurteil zwingend verbunden werden.