Rn 4

S 1 begründet eine positive Beweiswirkung dahin, dass die Parteien ein bestimmtes mündliches Vorbringen in der mündlichen Verhandlung getätigt haben (BGH BB 07, 742 [BGH 08.01.2007 - II ZR 334/04], LS; NJW 07, 2913, 2915 [BGH 09.07.2007 - II ZR 233/05] Tz 21). Für erstinstanzliches Vorbringen kann auch nur der Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Beweis erbringen (Jena 4.5.09, 4 U 757/07, OLGR 09, 713), Konkrete Verweisungen auf bestimmte Dokumente oder Schriftsätze (§ 313 II 2) erstrecken die Beweiskraft auch auf das darin enthaltene Vorbringen (BGH NJW 83, 885, 886), wobei im Zweifelsfall die ausdrückliche Wiedergabe des Vorbringens im Tatbestand Vorrang hat (BGHZ 140, 335, 339; BGH NJW 02, 3478, 3480); wer Pauschalverweisungen ›auf die Akten‹ für zulässig hält, müsste § 314 auch insoweit anwenden (Balzer NJW 95, 2448, 2452; § 313 Rn 12; s aber Rn 5). Die positive Beweiskraft erfasst auch den Umstand, dass eine Behauptung bestritten oder nicht bestritten wurde (ThoPu/Reichold Rz 1), sowie die Reihenfolge des Vorbringens (RG JW 1894, 11, 12; St/J/Althammer Rz 3), was für Präklusion und Rügeverlust bedeutsam sein kann. Der Tatbestand liefert auch Beweis dafür, welche Abweichungen es zum schriftsätzlich angekündigten Vortrag gegeben hat (BGH VersR 83, 1160, 1161). Die Beweiskraft bzgl Widersprüchen, Lücken oder Unklarheiten im Tatbestand kann nicht durch Rückgriff auf in Bezug genommene vorbereitende Schriftsätze entfallen; die Entkräftung ist nur durch das Sitzungsprotokoll möglich (BGH MDR 15, 1004, 1005 [BGH 12.05.2015 - VI ZR 102/14]; VI ZR 104/14, BeckRS 15, 13134 Tz 50; NZG 15, 1432 Tz 49).

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