Prof. Dr. Christoph Thole
Rn 11
Zur Berichtigung berechtigt ist grds nur das Ausgangsgericht, und zwar der Einzelrichter im Hinblick auf von ihm erlassene Urt auch dann, wenn das Kollegium danach das Verfahren übernommen hatte (St/J/Althammer Rz 22), aber nicht für Urteile des Kollegiums (Zö/Feskorn Rz 34). Intern zuständig bei einem Kostenfestsetzungsbeschluss oder VB ist der erlassende Rpfleger. Von § 319 zu unterscheiden die gemeinsame Zuständigkeit von UdG und Vorsitzendem bei Änderungen des Protokolls (§ 164 III 2). Es ist nicht erforderlich, dass der Richter, dem der Irrtum unterlaufen war, an der Berichtigung mitwirkt, wenn er aus dem Kollegium ausgeschieden war (BGHZ 78, 22, 23; 106, 370, 373 = NJW 89, 1281), denn das Rechtsschutzinteresse ist auch ohne dessen Mitwirkung gewahrt. Fehler in einer Ausfertigung des Urteils kann der UdG berichtigen, der die Ausfertigung erteilt hat (§ 317 Rn 8). Auch das Rechtsmittelgericht darf berichtigen, wenn es sich das Urt zu eigen macht und solange das Verfahren vor ihm anhängig ist (BGH NJW 64, 1858 [BGH 18.06.1964 - VII ZR 152/62]; BGH NJW-RR 91, 1278 [BGH 10.07.1991 - IV ZR 155/90]; NJW 96, 2574, 2576 [BGH 03.07.1996 - VIII ZR 221/95]; BAG NJW 64, 1874 [BAG 12.05.1964 - 3 AZR 412/63]; BGH BeckRS 19, 19469 Rz 1), seine eigenen Urteile natürlich auch nach Beendigung des Rechtsmittelverfahrens (Ddorf NJW-RR 91, 1471).
Das Verfahren wird von vAw (auch auf bloße Anregung der Parteien) oder auf Antrag in Gang gesetzt. Für den Antrag (anders bei Anregung) und das Verfahren gilt Anwaltszwang, § 78 (RGZ 25, 404, 405 f; LSG Saarbr NJW 81, 1232: RA als Partei auch allein). Im Übrigen ist der Antrag weder frist- noch formgebunden. Demnach kann die Berichtigung ›jederzeit‹ erfolgen, auch nach Einlegung eines Rechtsmittels oder nach Eintritt der Rechtskraft (Hamm NJW-RR 87, 187, 188), es sei denn, der dahingehende Antrag ist wegen Rechtsmissbräuchlichkeit unzulässig. Ein Rechtsmissbrauch ist aber nicht schon dann anzunehmen, wenn die Berichtigung dem Rechtsmittelbegehren des Gegners die Grundlage entzieht; dann kommt Erledigungserklärung hinsichtlich des Rechtsmittels in Betracht (allgemein § 91a Rn 66 mwN). Umgekehrt schließt die Möglichkeit des Antrags nach § 319 die Rechtsmitteleinlegung nicht mangels Rechtsschutzbedürfnisses aus (BGH MDR 78, 307).
Hat aber das Gericht (durch eine Anregung oder einen unzulässigen Antrag) Kenntnis von einer Unrichtigkeit erlangt, so kann und muss es vAw berichtigen (vgl Hamm NJW-RR 87, 187, 188), wenn nicht ganz ausnahmsweise grobe Unbilligkeiten damit verbunden wären (Musielak/Musielak Rz 16). Stets ist die Anhörung der Parteien erforderlich (BGH NJW-RR 02, 712, 713), es sei denn, es handelt sich um die Berichtigung von bloßen Formalien (BVerfGE 34, 1, 7f [BVerfG 19.07.1972 - 2 BvR 872/71]). Eine mündliche Verhandlung ist aber freigestellt.
Das Verfahren endet durch Beschluss iSd § 329. Der Beschl wird auf dem Urt sowie den Ausfertigungen vermerkt, entweder durch Einsetzen des Beschlusses auf das Urt oder dessen Verbindung mit dem Urt. Bei Ausfertigungen kann es sich empfehlen, diese zurückzufordern und zu ergänzen (Zö/Feskorn Rz 35). Unterbleibt die Verbindung, so ist der Beschl nicht unwirksam (BVerwG NJW 75, 1795, 1796). Die Berichtigung eines Urt, dessen Rechtsmittelbelehrung zunächst nicht von den Unterschriften der Richter gedeckt war, erfolgt nicht durch die Anbringung eines Berichtigungsvermerks, sondern durch die Zustellung des Urt in der berichtigten Form (BGH BeckRS 18, 3938).
Abs 2 S 2 ermöglicht die Herstellung des Berichtigungsbeschlusses als elektronisches Dokument iSd § 130b. Um seinen Inhalt deutlich kenntlich zu machen, muss der Beschl in einem gesonderten Dokument festgehalten, von den Richtern gem § 130b signiert (Abs 2 S 1), und bei elektronischer Aktenführung mit dem Urt untrennbar verbunden werden (Abs 2 S 2). Bei herkömmlicher Aktenführung ist der Aktenausdruck (§ 298) samt des Transfervermerks (§ 298 Rn 10) gem Abs 2 S 1 auf das Urt zu setzen.