Prof. Dr. Christoph Thole
Rn 7
Die Grundsätze oben Rn 3 f gelten auch bei Unrichtigkeiten des Tenors. Hat das Gericht über einen bestimmten Anspruch in einer bestimmten Weise entschieden und kommt dies durch die Entscheidungsgründe, nicht aber durch der verlauteten Tenor zum Ausdruck, so ist die Berichtigung zulässig (BGH NJW 64, 1858 [BGH 18.06.1964 - VII ZR 152/62]), zB bei einer Zug-um-Zug-Einschränkung, die im Tenor fehlt, oder bei Fehlen der Bezeichnung als Teil- oder Grundurteil (BGH NJW 04, 949 [BGH 02.12.2003 - VI ZR 349/02], oben Rn 6); oder wenn das Gericht in den Gründen zu allen Stufen einer Stufenklage entschieden hat, aber dies aus dem Tenor nicht erkennbar ist. Ging das Gericht davon aus, es entschiede durch volles Endurteil, hat es aber einzelne Ansprüche übergangen, dann darf es nicht nachträglich das Endurteil als Teilurteil deklarieren. Die Berichtigung ist zulässig, wenn die Parteirollen im Tenor verwechselt wurden (Abweisung der Klage gegen Beklagten zu 1) statt 2)), oder ein zu- oder aberkannter Betrag nicht mit den Betrag übereinstimmt, der in den Gründen oder in dem mündlich verkündeten Urt genannt ist (BGHZ 89, 184, 188), oder wenn die Bezeichnung (Flurnummer, Seriennummer etc) eines zu räumenden Grundstücks oder einer herauszugebenden Sache nicht dem tatsächlich gemeinten Grundstück oder Sache entspricht (zuletzt BGH NZM 15, 795 [BGH 12.06.2015 - V ZR 168/14]). Eine Ergänzung des Vorbehalts der Haftungsbeschränkung ist nicht statthaft (iErg Kobl NJW-RR 97, 1160 [OLG Koblenz 28.06.1996 - 14 W 355/96]). Nicht zulässig ist die Berichtigung hingegen, wenn das Gericht bei mehreren Kl in der Sache nur über die Ansprüche eines Kl entscheidet, da es sich dann nicht um einen Irrtum im Erklärungsakt, sondern in der Willensbildung selbst handelt (BGH NJW 15, 952, 953 [BGH 05.11.2014 - VIII ZR 257/13]).
§ 319 kommt in Betracht, wenn das Gericht die Kostenentscheidung verkündet hatte oder darüber ausweislich der Entscheidungsgründe entschieden wurde, aber der Kostenausspruch im Tenor fehlt und die Unrichtigkeit offenbar ist (BGH VersR 82, 70 [BGH 30.09.1981 - IVb ZB 805/81]; BGH NJW 16, 2754 [BGH 01.03.2016 - VIII ZR 287/15] Tz 4; München MDR 03, 522 [OLG München 12.02.2003 - 1 U 2733/02]; BayObLG NJW-RR 97, 57; Hamm NJW-RR 86, 1444 [OLG Hamm 03.04.1986 - 2 U 165/85]), auch bei einem VU, wenn im Tenor nur die außergerichtlichen Kosten eines Beteiligten genannt werden (Hambg JurBüro 85, 1560), ferner wenn die Kostenentscheidung nach § 92 erfolgen soll und bei der Ermittlung der Quote ein Anspruch, der zu- oder aberkannt wurde, nicht eingestellt wird, also bei einem reinen Berechnungsfehler, der nicht auf falscher Willensbildung beruht (weit Hamm MDR 75, 764, 765 [OLG Hamm 21.03.1975 - 20 W 47/74]; vgl oben Rn 3). Wenn ein Berechnungsfehler zu einem reduzierten Verurteilungsbetrag führt, ist die am Ausmaß des Obsiegens/Unterliegens orientierte Kostenentscheidung ebenfalls zu berichtigen (BGH MDR 15, 52). Demgegenüber darf § 319 grds nicht, auch nicht analog, zum Zuge kommen, wenn sich die Kostenquote, zB auf Streitwertbeschwerde, geändert hat (Musielak/Musielak Rz 7 mwN), denn die Kostengrundentscheidung beruht dann entweder auf einer sachlich verfehlten Anwendung der §§ 91 ff wegen der Heranziehung des falschen Streitwerts, also keinem bloßen Verlautbarungsmangel, oder sie erweist sich gemessen am alten Streitwert im Erlasszeitpunkt als richtig (richtig auch BGH FamRZ 08, 1925 Tz 11 ff mN; BGH MDR 77, 925; KG NJW 75, 2107; Ddorf NJW-RR 92, 1532 f; Köln FamRZ 94, 56; Stuttg MDR 01, 892, 893; NJW 15, 421, 422; Musielak/Musielak Rz 8; Zö/Feskorn Rz 31; aA Frankf NJW 70, 436, 437; Ddorf NJW-RR 92, 1407; FamRZ 02, 677, 678; MDR 01, 1186); eine Regelungslücke liegt nicht vor. Auch eine Streitwertänderung führt nicht zu § 319 (LG Bamberg BeckRS 19, 12040). Eine Ausnahme wird man aber machen können, wenn eine Korrektur des Kostenausspruchs im Rechtsmittelverfahren nicht mehr möglich ist (in diese Richtung auch St/J/Althammer Rz 20). Bei bewusstem Verzicht auf eine Kostenentscheidung ist keine Berichtigung, sondern nur Ergänzung nach § 321 möglich (BGH, 10.2.11 – IX ZR 110/09, BeckRS 11, 05638). Gleiches gilt wenn ein Teil der Kostenentscheidung schlicht übersehen wurde (Saarbr NJOZ 15, 1468, 1469; dazu auch BGH NJW 16, 2754 [BGH 01.03.2016 - VIII ZR 287/15] Tz 4).
Gleiche Grundsätze gelten bei einem Kostenfestsetzungsbeschluss, wenn der Rechtspfleger den geänderten Streitwertbeschluss versehentlich nicht zu Grunde legt (Musielak/Musielak Rz 9; aA München JurBüro 93, 680; Saenger Rz 12: § 319 zulässig), denn bei dem Ansatz eines falschen Berechnungsfaktors (= Quote) ist hier der an sich richtigen Rechnung schon von vornherein die Grundlage entzogen. Keine Unrichtigkeit iSd § 319 liegt idR vor, wenn das Gericht eine nach § 281 III 2 gebotene Kostentrennung nicht berücksichtigt hat (Hamm MDR 70, 1018; München MDR 87, 63; vgl Ddorf OLGR 99, 410), oder die Zurücknahme der Widerklage oder Beschränkung des Streitgegenstands unberücksichtig...