Prof. Dr. Christoph Thole
Rn 9
Das Ergänzungsurteil ist iErg ein selbstständiges Teilurteil (aber nicht als solches zu bezeichnen, da es nicht dem § 301 folgt), das unabhängig von dem ergänzten Urt anfechtbar ist (vgl BGH NJW 80, 840 f [BGH 27.11.1979 - VI ZR 40/78]; 00, 3008). Hat das Ausgangsgericht während des laufenden Berufungsverfahrens ohne die Voraussetzungen des § 321 sein Urteil zulasten einer Partei geändert, bindet dies das Berufungsgericht aber nicht (BGH NJW 19, 1527 [BGH 21.02.2019 - VII ZR 105/18]). Das Ergänzungsurteil ist also auch hinsichtlich Rechtsmittelsumme, Zulassung und Fristen selbstständig zu beurteilen. Das Ergänzungsurteil unterliegt seinerseits der Berichtigung nach §§ 319–320 und der Ergänzung nach § 321, wenn über den Antrag nicht abschließend entschieden wurde. Mit der Zustellung des Urteils nach § 321 beginnt die Rechtsmittelfrist gegen das ergänzte Urt von neuem, § 518, (anders § 319 Rn 12, § 320 Rn 7; BGH VersR 81, 57 [BGH 30.09.1980 - V ZB 8/80]), wenn sie noch nicht abgelaufen war. Hat eine Partei Rechtsmittel nur gegen das ergänzte Urt eingelegt, so ist wegen der Selbstständigkeit des Ergänzungsurteils der Gegenstand der Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht allein das ergänzte Urt, das gilt auch bei der Anschlussberufung (RGZ 23, 422, 423). Hat allerdings das Gericht nach § 321 nur über Kosten und vorläufige Vollstreckbarkeit im Ergänzungsurteil entschieden, so erfasst das Rechtsmittel gegen das Haupturteil aus Praktikabilitätsgründen ohne weiteres auch diese Nebenentscheidungen. Betrifft die Ergänzung also nur einen Kostenausspruch, so ist diese Entscheidung ungeachtet des § 99 anfechtbar (BGH ZIP 84, 1107, 1113), allerdings nur, wenn auch das ergänzte Urt angefochten wird (RGZ 68, 301, 302; ThoPu/Reichold Rz 6, unklar BGH aaO; deutlich jetzt BGH NJW 07, 3421 [BGH 27.06.2007 - XII ZR 54/05] Tz 5, BGH VII ZB 59/14, BeckRS 16, 20998 Tz 5). Sind beide Urteile angefochten, sind die Rechtsmittelverfahren zu verbinden, § 518 S 2. Hat das Gericht fälschlich durch Beschl entschieden, so kann nach Maßgabe des Meistbegünstigungsgrundsatzes auch sofortige Beschwerde in Betracht kommen (BGH WM 82, 491; Zweibr FamRZ 97, 1163, 1164; für Fälle unter dem FamFG jetzt BGH NJW-RR 11, 939 Tz 12), es sei denn, die Berufung/Revision wären nicht zulässig gewesen wären oder es handelte sich in Wirklichkeit trotz irreführender Bezeichnung gar nicht um ein Ergänzungsurteil (Zweibr FamRZ 97, 1163). Die entsprechend § 321 erfolgte Ergänzung einer Zurückweisung der Berufung durch einstimmigen Beschl nach § 522 II ist aber wie die Ausgangsentscheidung selbst nicht anfechtbar. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Berufungsgericht ändert daran nichts (BGH NJW-RR 09, 209 f [BGH 28.10.2008 - V ZB 109/08] Tz 5f).