Rn 48

Als Instrument der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens kommt der materiellen Rechtskraft grds eine überragende Bedeutung zu. Es ist daher den Parteien grds verwehrt, die rechtskräftige Entscheidung mit der Behauptung anzugreifen, der Rechtsstreit sei unrichtig entschieden worden. Das Gesetz sieht daher nur in engen Grenzen eine Beseitigung der bereits eingetretenen Rechtskraft vor. Hierzu gehören zur Vermeidung widersprechender Entscheidungen die Fälle der gerichtlichen Zuständigkeitsbestimmung bei rechtskräftigen Entscheidungen bei einem positiven (§ 36 Nr 5) oder negativen (§ 36 Nr 6) Kompetenzkonflikt. Die Rechtskraft wird für einen eng begrenzten Zeitraum wieder beseitigt durch die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach §§ 233 ff wegen schuldloser Versäumung einer Rechtsmittel-, Rechtsmittelbegründungs- oder Einspruchsfrist (BGHZ 98, 325, 328 = NJW 87, 327). Rechtskräftige Verurteilungen sind bei Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen bei wesentlichen Veränderungen an die neue Situation anzupassen im Wege der Abänderungsklage nach § 323 und der Nachforderungsklage nach § 324. Die Rechtskraft wird weiterhin durchbrochen im Rahmen eines Wiederaufnahmeverfahrens durch Nichtigkeitsklage nach § 579 bei den dort genannten schwerwiegenden Verfahrensfehlern oder Restitutionsklage nach § 580, wenn die Entscheidung in der Sache auf einem der als Restitutionsgründe normierten schweren Fehler beruht. Die Rechtskraft entfällt schließlich dann, wenn eine Entscheidung aufgrund einer Verfassungsbeschwerde nach § 95 II BVerfGG aufgehoben wird.

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