Prof. Dr. Barbara Völzmann-Stickelbrock
Rn 7
Bei einer Änderungsklage gegen ein klageabweisendes Urt ist zu differenzieren. Wurde eine Unterhaltsklage wegen fehlender Bedürftigkeit des Kl oder mangels Leistungsfähigkeit des Bekl abgewiesen, so ist nach hM nach Eintritt der vormals fehlenden Anspruchsvoraussetzungen keine Änderungsklage, sondern eine erneute Leistungsklage zu erheben (BGHZ 82, 246 = NJW 82, 578; NJW 05, 142; München NJW 09, 3246; MüKoZPO/Gottwald § 323 Rz 29). Die Gegenauffassung tritt im Hinblick auf die Schwierigkeiten, die bei Teilabweisungen und bei Verurteilungen über einen freiwillig geleisteten Betrag hinaus entstehen können, für eine generelle Anwendung des § 323 auch bei klageabweisenden Unterhaltsurteilen ein (Wax LMK 05, 27). Das überzeugt nicht, da dem klageabweisenden Ersturteil keine gerichtliche Prognose zugrunde liegt und ihm damit auch keine in die Zukunft reichende Rechtskraft zukommt, die nur nach Maßgabe des § 323 durchbrochen werden dürfte.
Rn 8
Anwendbar ist § 323 jedoch bei einem klageabweisenden Urt, wenn dieses bereits in einem früheren Abänderungsverfahren nach § 323 ergangen ist und daher iRe Abänderungsklage schon einmal bei der Überprüfung der ursprünglichen Prognose die künftige Entwicklung der Verhältnisse vorausschauend berücksichtigt wurde (BGH NJW 08, 1525 [BGH 20.02.2008 - XII ZR 101/05] mit Anm Born; NJW 12, 923, 924 mit Anm Born). Dies betrifft den Fall, dass ein Unterhaltsgläubiger, der seinen Unterhalt erfolgreich eingeklagt hatte, dessen Unterhaltsrente jedoch später – etwa wegen Wegfalls der Bedürftigkeit – im Wege der Abänderung aberkannt worden ist, in der Folge erneut Unterhalt verlangt (BGH FamRZ 05, 101, 102). Gleiches gilt im Falle eines Urteils, durch das der Unterhaltsanspruch für eine bestimmte Zeit zugesprochen und – etwa wegen der Annahme künftigen Wegfalls der Bedürftigkeit – ab einem in der Zukunft liegenden Zeitpunkt aberkannt worden ist. Denn die Streichung einer Unterhaltsrente beruht in diesen Fällen auf einer Prognose der künftigen Entwicklung, so dass die Klage auf Wiedergewährung der Unterhaltsrechte die Geltendmachung einer von dieser Prognose abweichenden tatsächlichen Entwicklung der Verhältnisse darstellt, für die das Gesetz die Abänderungsklage vorsieht (BGHZ 172, 22 = NJW 07, 2249, 2250; NJW 13, 1530, 1531). Als erneute Abänderungsklage ist daher auch bei einer klageabweisenden Abänderungsklage § 323 anwendbar. Gegenstand des Abänderungsangriffs ist in diesem Fall nicht der inhaltlich nicht veränderte Ausgangstitel, sondern das abweisende Urteil, welches die künftige Entwicklung vorausschauend berücksichtigt hat (BGH NJW 12, 923, 924). Dies gilt unabhängig davon, ob der Ausgangstitel ein Vergleich oder ein Urt ist (ebenso Born NJW 12, 925, 926 [BGH 07.12.2011 - XII ZR 159/09]; Campbell NJW-Spezial 12, 68, 69; offengelassen in BGH NJW 11, 3645 [BGH 29.06.2011 - XII ZR 157/09]; krit dazu Born NJW 11, 3611, 3613).