Prof. Dr. Barbara Völzmann-Stickelbrock
Rn 15
Bei einer Rechtsnachfolge vor Zustellung der Klageschrift an den Bekl wirkt das gegen die nicht mehr legitimierte Partei ergehende Urt grds nicht für den Rechtsnachfolger, auch dann nicht, wenn dieser die Prozessführung genehmigt (BGH MDR 64, 588; Dresd MDR 15, 1097).
Rn 16
Verschiedene materiell-rechtliche Sonderregelungen sehen jedoch in Erweiterung des § 325 I eine Rechtskrafterstreckung ausnahmsweise auch dann vor, wenn die Rechtsnachfolge bereits vor Rechtshängigkeit eingetreten ist. Rechtfertigendes Element für die Rechtskrafterstreckung auf den Rechtsnachfolger ist hier, dass einer der Parteien oder dem Dritten die Übertragung des streitbefangenen Gegenstandes bei Rechtshängigkeit unbekannt war. Demgemäß tritt in diesen Fällen die Rechtskrafterstreckung nur gegen den Zessionar, nicht aber zu dessen Gunsten ein (BGHZ 52, 150, 154 = NJW 69, 1479).
So ordnen die § 407 II, 408 I BGB sowie die hierauf verweisenden Vorschriften der §§ 412, 413 BGB eine Rechtskrafterstreckung zu Gunsten des Schuldners an, der in Unkenntnis der Abtretung an den Zedenten geleistet hat. Der Zessionar muss in diesen Fällen das Urt gegen sich gelten lassen. Da es sich um eine reine Schuldnerschutzvorschrift handelt, bleibt es aber dem Schuldner überlassen, ob er sich bei Kenntniserlangung während des Prozesses auf eine zwischen ihm und dem Zedenten ergangene rechtskräftige Entscheidung beruft oder hierauf verzichtet (aA Stamm NJW 16, 2369, 2370). § 325 I verdrängt § 407 I BGB nicht. Das heißt, wirkt das Urt gegen den Zessionar, kann sich der Schuldner diesem ggü nicht mit Erfolg auf eine an den Zedenten als Titelgläubiger nach Kenntnis von der Abtretung erbrachte Leistung berufen (BGHZ 86, 337, 340 = NJW 83, 886). Der Ungewissheit, an wen er zu leisten hat, kann er daher nur durch eine schuldbefreiende Hinterlegung zugunsten beider Gläubiger entgehen (BGH NJW 01, 231 [BGH 19.10.2000 - IX ZR 255/99]).
Rn 17
Bei gewerblichen Schutzrechten gilt § 407 II BGB über § 413 BGB entsprechend, im Einzelfall sind jedoch für die Frage der Rechtskrafterstreckung die Sonderregelungen der §§ 27, 28 MarkenG, § 30 III 2, 81 I 2 PatG, § 8 IV 2, 15 I GebrMG zu beachten (ausf Wieczorek/Schütze/Büscher § 325 Rz 37 ff).
Rn 18
Die Vorschrift des § 372 II HGB sieht eine Rechtskrafterstreckung zu Gunsten des Gläubigers und zu Lasten eines Dritten vor, wenn der Schuldner nach Besitzerwerb des Gläubigers das Eigentum an einem Gegenstand, auf den sich das kaufmännische Zurückbehaltungsrecht nach §§ 369 ff HGB bezog, vor Rechtshängigkeit der Klage aus § 371 III HGB auf einen Dritten übertragen hat.
Unabhängig von einer Kenntnis des Dritten tritt im Falle der Löschungsklage nach § 55 IV 1 MarkenG zu Gunsten des Kl eine Rechtskrafterstreckung auf den Rechtsnachfolger auch dann ein, wenn dieser zz der Rechtshängigkeit bereits neuer Markeninhaber war.