Rn 34

Grds ist die Schuldnachfolge bereits dem Wortlaut nach keine Rechtsnachfolge iSd § 325 I (BGHZ 61, 140, 142 = NJW 73, 1700; NJW 98, 1645, 1646). Eine Rechtskrafterstreckung auf den Schuldnachfolger findet daher nur in Ausnahmefällen statt. So ist eine Rechtskrafterstreckung immer dann zu bejahen, wenn die Schuldnachfolge auf einer Rechtsnachfolge beruht, wie im Falle der Gesamtrechtsnachfolge des Erben, der nach § 1967 BGB auch für die Nachlassverbindlichkeiten haftet. Gleiches gilt für den Fall, dass die Schuldnachfolge auf dem Erwerb eines belasteten dinglichen Rechts beruht (MüKoZPO/Gottwald § 325 Rz 35).

 

Rn 35

Bei Unterlassungsansprüchen gibt es grds keine Schuldnachfolge in die Unterlassungspflicht (BGH NJW 08, 301 [BGH 26.04.2007 - I ZR 34/05]). Demgemäß erstreckt sich die Rechtskraft eines Unterlassungstitels nicht auf den Rechtsnachfolger. Der Anspruch muss in der Person des Rechtsnachfolgers neu entstehen. Richtiger erscheint es aber, jedenfalls für den Fall des § 8 II UWG danach zu unterscheiden, ob die Unterlassungspflicht auf dem persönlichen Verhalten des Inhabers oder seiner Angestellten oder Beauftragten als ›Handlungsstörer‹ beruht. Eine Rechtskrafterstreckung des Unterlassungstitels auf den Betriebserwerber kommt hingegen beim Inhaberwechsel nach Rechtshängigkeit in Betracht, wenn die Zuwiderhandlungen von einem Betrieb als streitbefangener Sache ausgehen (Foerste GRUR 98, 450, 454; Wieczorek/Schütze/Büscher § 325 Rz 47; B/L/H/A/G/Weber § 265 Rz 6; für den vertraglichen Unterlassungsanspruch Ahrens GRUR 96, 518, 522).

a) Schuldbeitritt.

 

Rn 36

Im Falle des Schuldbeitritts entsteht ein Gesamtschuldverhältnis zwischen dem bisherigen Schuldner und dem Beitretenden. Die Erstreckung der Rechtskraft einer gegen den bisherigen Schuldner ergangenen Entscheidung ist nach § 425 II BGB ausgeschlossen (St/J/Althammer § 322 Rz 31). Die Haftung bei Firmenfortführung nach § 25 HGB oder der Eintritt in das Geschäft eines Einzelkaufmanns gem § 28 HGB führt – sofern nichts Abweichendes vereinbart ist – zu einer gesamtschuldnerischen Haftung, so dass eine Rechtskrafterstreckung ebenfalls ausscheidet. Wird aber eine rechtskräftig festgestellte Schuld übernommen, so wird dies regelmäßig dahingehend aufzufassen sein, dass der Übernehmer das Prozessergebnis gegen sich gelten lassen will, was in den praktischen Auswirkungen einer Rechtskrafterstreckung gleichkommt (dazu BGH NJW 81, 47 [BGH 25.09.1980 - VII ZR 301/79]; MüKoZPO/Gottwald § 325 Rz 37).

b) Befreiende Schuldübernahme.

 

Rn 37

Umstr ist die Frage der Rechtskrafterstreckung bei einer befreienden Schuldübernahme nach §§ 414, 415 BGB. Die hM verneint eine Rechtskrafterstreckung, da der Übernehmer nicht Rechtsnachfolger ist (BGHZ 61, 140, 142 = NJW 73, 1700; MüKoZPO/Gottwald § 325 Rz 35; St/J/Althammer § 325 Rz 32). Zudem sei der Gläubiger auch nicht schutzwürdig, da er selbst den Schuldner freigestellt habe (MüKoZPO/Gottwald § 325 Rz 36). Nach der Gegenauffassung soll eine Rechtskrafterstreckung im Interesse des Gläubigers jedenfalls dann erfolgen, wenn die Schuldübernahme nach Rechtskraft der Entscheidung erfolgte, und zwar unabhängig von der Kenntnis des Übernehmers von der rechtskräftigen Entscheidung (Bettermann S 134 ff; Blomeyer ZZP 75 [1962], 1, 21). Dagegen spricht, dass § 325 eine solche Unterscheidung fremd ist und eine derartige über den Wortlaut hinausgehende Rechtskrafterstreckung auch den Fall der kumulativen Schuldübernahme erfassen müsste (St/J/Leipold 22. Aufl. § 325 Rz 30). Richtiger erscheint es daher, auch in diesen Fällen auf die zwischen Schuldner und Übernehmer getroffene Vereinbarung abzustellen, aus der sich im Einzelfall ergeben kann, dass dieser die rechtskräftige Entscheidung auch gegen sich gelten lassen will. Dies setzt aber die Kenntnis des Übernehmers von der rechtskräftigen Entscheidung voraus (Wieczorek/Schütze/Büscher § 325 Rz 64). Wird die Schuld während des laufenden Prozesses übernommen, findet nach ganz hM keine Rechtskrafterstreckung statt (BGH NJW 01, 1218 [BGH 06.12.2000 - XII ZR 219/98]; Blomeyer ZZP 75 [1962], 1, 21; Musielak/Voit/Musielak § 325 Rz 9; MüKoZPO/Gottwald § 325 Rz 37).

c) Betriebsübergang.

 

Rn 38

Der Betriebsübergang nach § 613a BGB stellt einen Sonderfall der Vertragsübernahme dar. Eine von einem Arbeitnehmer erwirkte rechtskräftige Entscheidung ggü dem alten Arbeitgeber wirkt daher auch ggü dem neuen Inhaber, auf den der Betrieb bzw der Betriebsteil übergegangen ist (BAG NJW 77, 1119 [Ls] = AP Nr. 1 zu § 325 mit Anm Leipold; NJW 98, 331, 332; NJW 10, 2909 [BAG 18.05.2010 - 1 AZR 864/08] stRspr).

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