Prof. Dr. Barbara Völzmann-Stickelbrock
Rn 31
Zur Rechtskrafterstreckung führt weiterhin auch die Nachfolge nur in den Besitz der streitbefangenen Sache, wobei dies tw aus einer direkten (hM RGZ 82, 35, 38; BGHZ 114, 308, 309 = NJW 91, 2420, 2421; MüKoZPO/Gottwald § 325 Rz 31), teils aus einer analogen Anwendung des § 325 I hergeleitet wird (Musielak/Voit/Musielak § 325 Rz 10; Schilken Passivlegitimation S 72f). Auch wenn die Besitznachfolge keine Rechtsnachfolge im eigentlichen Sinn ist (BGH NJW 81, 1517), gilt § 325 I aber wegen der ausdrücklichen Normierung dieses Falles unmittelbar. Dies gilt sowohl für die Nachfolge in den Eigenbesitz (RGZ 121, 379, 381; BGH NJW 81, 1517, 1518 [BGH 13.03.1981 - V ZR 115/80]) als auch für die Nachfolge in den Fremdbesitz an der streitbefangenen Sache (MüKoZPO/Gottwald § 325 Rz 32; B/L/H/A/G/Weber § 325 Rz 6; aA Musielak/Voit/Musielak § 325 Rz 10 nur Eigenbesitz). Der unmittelbare Besitzer ist weiterhin nach § 325 I letzter Hs gebunden, wenn er einer der Parteien den Besitz vermittelt. Hingegen ist der Erwerber mittelbaren Besitzes an ein gegen den unmittelbaren Besitzer ergangenes Urt nicht gebunden, da § 325 I letzter Hs diesen Fall nicht erfasst. Auch auf den Besitzdiener ist § 325 I nicht anwendbar, da mangels eines eigenen Besitzrechts keine Besitznachfolge vorliegt (so auch Zö/G.Vollkommer § 325 Rz 22).
Rn 32
Praktische Bedeutung kommt dem Besitzwechsel va in den Fällen der Vermietung, Verpachtung und Leihe zu. Die rechtskräftige Entscheidung erstreckt sich in diesen Fällen auch auf den Mieter, den Pächter und den Entleiher. Begründen diese nach Rechtshängigkeit des Räumungs- bzw Herausgabeanspruchs ein Untermiet-, -pachtverhältnis etc, so erstreckt sich die Rechtskraft des gegen den Hauptmieter ergangenen Räumungstitels auch auf den Untermieter, da dieser Besitznachfolger ist (LG Karlsruhe NJW 53, 30 [LG Karlsruhe 10.09.1952 - 2 T 315/52]; Schilken Passivlegitimation S 91; MüKoZPO/Gottwald § 325 Rz 88; HK-ZPO/Saenger § 325 Rz 22). Umstritten ist hingegen, ob die Rechtskrafterstreckung auch dann eintritt, wenn das Untermietverhältnis bereits vor Rechtshängigkeit der Klage gegen den Hauptmieter begründet worden ist. Die wird tw deswegen bejaht, weil sich aus dem Rückgabeanspruch des Vermieters, Verpächters oder Verleihers nach §§ 546 II, 581 II, 604 IV BGB ergebe, dass der Untermieter, -pächter oder -entleiher dem Klagenden ggü die Beendigung des Hauptmiet-, Hauptpacht- oder Hauptleihverhältnisses nicht mehr bestreiten könne (AG Hamburg NJW-RR 92, 1487 [AG Hamburg 24.04.1992 - 43b C 1967/91]; Grunsky VerfahrensR § 47 VI 2c; Zö/G.Vollkommer § 325 Rz 38). Eine Rechtskrafterstreckung ist aber zu verneinen, weil Haupt- und Untermieter, -pächter und -entleiher nur als Gesamtschuldner zur Rückgabe verpflichtet sind. Eine Rechtskrafterstreckung zwischen Gesamtschuldnern findet nach § 425 II BGB nicht statt (BGH NJW 01, 1355 [BGH 17.01.2001 - XII ZB 194/99]). Die hM, der sich auch der BGH angeschlossen hat, verneint daher zu Recht eine Herausgabepflicht des Untermieters aufgrund eines gegen den Hauptmieter ergangenen rechtskräftigen Titels (BGH NJW-RR 06, 1385, 1386 [BGH 12.07.2006 - XII ZR 178/03]; MüKoZPO/Gottwald § 325 Rz 88, Musielak/Voit/Musielak § 325 Rz 18; HK-ZPO/Saenger § 325 Rz 11; B/L/H/A/G/Weber § 325 Rz 34; St/J/Althammer § 325 Rz 94; Wieczorek/Schütze/Büscher § 325 Rz 58).