Prof. Dr. Barbara Völzmann-Stickelbrock
Rn 33
Entscheidungen eines ausl Gerichts werden grds nur dann anerkannt, wenn eine entsprechende deutsche Entscheidung auch dort unter vergleichbaren Bedingungen anerkannt würde. Die Regelung bezweckt, die Anerkennungsfreudigkeit der ausl Rechtsordnungen ggü deutschen Entscheidungen zu fördern. Daher kann eine völlige Übereinstimmung nicht verlangt werden (BGH NJW 01, 524 [BGH 24.10.2000 - XI ZR 300/99]; Kobl RIW 04, 302; Hambg NJW-RR 13, 629 [OLG Hamburg 10.01.2013 - 6 U 68/09]). Allerdings muss die Gegenseitigkeit gerade zum Zeitpunkt der Anerkennung bestehen. Die Verbürgung der Gegenseitigkeit ist von dem zu beweisen, der die Anerkennung der ausl Entscheidung anstrebt (BGHZ 141, 286, 301 f = NJW 99, 3198).
Rn 34
Die Gegenseitigkeit ist nicht verbürgt, wenn die Anerkennung vergleichbarer deutscher Entscheidungen nennenswerten Erschwernissen im Vergleich zur Anerkennung solcher Entscheidungen des Urteilsstaats im Inland unterliegt (RGZ 7, 406, 413 f; BGHZ 42, 194, 196 = NJW 64, 2350). Nicht anerkennungsfähig sind daher etwa Entscheidungen aus Staaten, die deutsche Urteile vor der Anerkennung einer vollständigen Überprüfung auf formelle und tatsächliche Richtigkeit unterziehen (sog révision au fond, BGHZ 53, 332, 334 = NJW 70, 1002), oder deren Staatsangehörige nur Urteile aus dem eigenen Staat gegen sich gelten lassen müssen (Jurisdiktionsprivileg, BGHZ 50, 100, 105 = WM 68, 707; 53, 332, 335 = NJW 70, 1002).
Rn 35
Ob Gegenseitigkeit besteht, richtet sich an erster Stelle nach der tatsächlichen Anerkennungspraxis. Ist eine solche Praxis nicht nachweisbar, kann das ausl Recht selbst herangezogen werden (BGHZ 49, 50, 52 = WM 67, 1238). Verzeichnisse von Staaten, bei denen die Gegenseitigkeit verbürgt ist, finden sich bei B/L/H/A/G/Weber, Anh. § 328, MüKoZPO/Gottwald § 328 Rz 135 ff; Wieczorek/Schütze/Schütze § 328 Rz 103 ff.
Rn 36
Nach Abs 2 hindert bei nichtvermögensrechtlichen Ansprüchen (vgl § 708 Nr 10; zum Begriff: BGHZ 89, 200, 201 = NJW 84, 1104) eine fehlende Gegenseitigkeit nicht die Anerkennung, wenn für sie kein deutscher Gerichtsstand besteht. Die entsprechende Regelung für die Aufhebung und Nichtigkeitsentscheidung in Lebenspartnerschaftssachen und Kindschaftssachen findet sich ab dem 1.9.09 in § 109 III, IV FamFG. Für Erbsachen enthält das FamFG keine verdrängende Vorschrift über die Anerkennung ausländischer Entscheidungen. Insoweit bleibt es daher bei § 328 (Stuttg RiW 15, 159).
Die Verbürgung der Gegenseitigkeit ist nicht Anerkennungsvoraussetzung für ausländische Schiedssprüche nach § 1061 ZPO (BGH SchiedsVZ 13, 229, 230 [BGH 23.04.2013 - III ZB 59/12]).