Rn 13

§ 36 I Nr 6 erfasst seinem Wortlaut nach hinsichtlich sämtlicher Verfahrensarten der ZPO negative Kompetenzkonflikte verschiedener Gerichte untereinander, soweit es um die örtliche und sachliche Zuständigkeit, aber auch die Zuständigkeit im Instanzenzug geht (BGH Beschl v 19.10.83 – IVb ARZ 35/83, Rz 2 – juris; BGH NJW 85, 2537 [BGH 16.05.1984 - IVb ARZ 20/84]; BGH Beschl v 2.10.85 – IVb ARZ 24/85, Rz 8 – juris; Schlesw MDR 00, 721; BayObLGZ 79, 284; Zö/Schultzky § 36 Rz 41). Die Vorschrift gilt auch im Einzelvollstreckungsverfahren (Hamm Beschl v 20.11.15 – I-32 SA 63/15 – juris) und im Insolvenzverfahren (Celle Beschl v 27.9.11 – 4 AR 51/11 – juris; Zö/Schultzky § 36 Rz 33; s.a. BGH Beschl v 20.3.96 – X ARZ 90/96, Rz 6 – juris, BGHZ 132, 195 zu KO und GesO).

Sie ist überdies entsprechend anwendbar auf negative Kompetenzstreitigkeiten hinsichtlich der funktionellen Zuständigkeit (Schlesw MDR 00, 721), sofern es hierbei nicht um das ›interne Verhältnis zwischen streitiger Gerichtsbarkeit, freiwilliger Gerichtsbarkeit und den Familiengerichten‹ geht, deren Kompetenzkonflikte untereinander durch § 17a VI GVG abschließend geregelt werden (BTDrs 16/6308, 318; Brandenbg Beschl v 25.6.18 – 9 AR 9/18 [SAF], Rz 4 – juris). Die funktionelle Zuständigkeit ist gekennzeichnet durch die gesetzliche Zuordnung von bestimmten Geschäften an bestimmte Rechtspflegeorgane eines Gerichts (KG NJW-RR 08, 1023, 1024; Brandbg NJW-RR 01, 645 [OLG Brandenburg 05.01.2000 - 8 Sch 6/99]). Beispiele für Streitigkeiten hinsichtlich der funktionellen Zuständigkeit im Anwendungsbereich des § 36 I Nr 6 analog sind solche zwischen der Kammer für Handelssachen und einer allgemeinen Zivilkammer des LG (BGHZ 71, 264, 271; KG Beschl v 12.7.18 – 2 AR 31/18, juris; Hambg Beschl v 12.7.17 – 6 AR 14/17, Rz 2 – juris; Brandbg Beschl v 11.4.17 – 1 AR 6/17 [SAZ], Rz 3 – juris; KG Beschl v 5.1.17 – 2 AR 61/16, Rz 13 – juris; KG NJW-RR 08, 1023, 1024; Hamm Beschl v 26.4.19 – 32 SA 20/19, Rz 13 – juris), zwischen einer allgemeinen Zivilkammer des LG und einer Kammer für Baulandsachen (BGH NJW 00, 80, 81), zwischen Prozess- und Vollstreckungsgericht (BGH NJW 2005, 1273 mN; KG Rpfleger 2008, 145 [KG Berlin 19.10.2007 - 2 AR 42/07]), zwischen Prozess- und Mahngericht (BGH NJW-RR 2009, 860 [BGH 25.02.2009 - Xa ARZ 197/08]) oder zwischen Zivil- und Kartellsenat (BGH, Beschl v 11.3.14 – X ARZ 664/13 – juris; Zö/Schultzky § 36 Rz 39), zudem auch negative Kompetenzkonflikte im Zusammenhang mit § 72a GVG nF (Frankf Beschl v 20.6.18 – 11 SV 25/18, Rz 13 – juris; Frankf Beschl v 19.12.18 – 11 SV 114/18, Rz 18 – juris; Frankf Beschl v 23.4.18 – 13 SV 6/18, Rz 12 – juris; Frankfurt Beschl v 20.6.18 – 11 SV 25/18 –, juris; KG, Beschluss v 19.10.20 – 2 AR 1038/20, NJW-RR 21, 62 [OLG Stuttgart 21.10.2020 - 6 W 53/20], Rz 4 – juris; KG Beschl v 22.3.18 – 2 AR 11/18, Rz 4 – juris; München Beschl v 7.2.19 – 34 AR 114/18, Rz 9 – juris; Nürnbg Beschl v 18.6.18 – 1 AR 990/18, Rz 23 – juris; BeckOKGVG/Feldmann § 72a GVG Rz 6) und bei § 119a S 1 Nr 1 GVG (Braunschw Beschl v 8.2.19 – 1 W 1/19, Rz 5 – juris; Bambg Beschl v 31.8.18 – 2 ZIV AR 2/18 – juris).

Die funktionelle Zuständigkeit betreffende Kompetenzstreitigkeiten sind von sonstigen gerichtsinternen Zuständigkeitsstreitigkeiten etwa von verschiedenen Richtern einer Zivilabteilung eines AG, zwischen verschiedenen Zivilkammern eines Landgerichts oder innerhalb eines Spruchkörpers eines Kollegialgerichts zu unterscheiden. Bei diesen Streitigkeiten geht es nicht um eine gesetzlich bestimmte Zuständigkeitszuordnung, sondern im Falle des Streits von Abteilungsrichtern, Kammern oder Senaten untereinander um die durch den Geschäftsverteilungsplan bestimmte Zuständigkeit eines Spruchkörpers, die im Konfliktfall gem § 21e GVG vom Präsidium zu entscheiden ist (BGH NJW 00, 80, 81; BGH Beschl v 5.10.99 – X ARZ 247/99, Rz 4 – juris), oder um die Geschäftsverteilung innerhalb des Kollegialorgans, die das Kollegium gem § 21e GVG zu lösen hat. Ob der originäre Einzelrichter oder die Kammer berufen ist, ist analog § 348 II durch unanfechtbaren Kammerbeschluss zu entscheiden (BGH NJW 03, 3636, 3637; Naumbg Beschl v 29.1.15 – 1 AR 23/14, Rz 2 – juris).

Auf negative Kompetenzkonflikte zwischen Gerichten oder Spruchkörpern, die unterschiedliche Verfahrensordnungen anzuwenden haben, wurde früher § 36 I Nr 6 analog angewendet (Frankf NJW-RR 07, 16 [OLG Stuttgart 07.06.2006 - 13 U 89/06]). Die für die analoge Anwendung erforderliche Regelungslücke ist durch § 17a VI GVG nF weitgehend entfallen. Nach dieser Norm gilt für die in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, Familiensachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuständigen Spruchkörper in ihrem Verhältnis zueinander das Verfahren nach § 17a GVG entsprechend. Darüber hinaus gilt für die Spruchkörper unterschiedlicher Verfahrensordnungen § 17a GVG analog, so bei Konflikt zwischen Strafvollstreckungs- und Zivilkammer (Saarbr NJW 94, 1423; Hamm Beschl v 13.11.14 – 1 Vollz (Ws) 533/1...

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