Gesetzestext
Vor der Erledigung des Beweisbeschlusses kann keine Partei dessen Änderung auf Grund der früheren Verhandlungen verlangen. Das Gericht kann jedoch auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen den Beweisbeschluss auch ohne erneute mündliche Verhandlung insoweit ändern, als der Gegner zustimmt oder es sich nur um die Berichtigung oder Ergänzung der im Beschluss angegebenen Beweistatsachen oder um die Vernehmung anderer als der im Beschluss angegebenen Zeugen oder Sachverständigen handelt. Die gleiche Befugnis hat der beauftragte oder ersuchte Richter. Die Parteien sind tunlichst vorher zu hören und in jedem Fall von der Änderung unverzüglich zu benachrichtigen.
A. Normzweck.
Rn 1
S 1 hebt nochmals die Nichtanfechtbarkeit des Beweisbeschlusses hervor. Seine Ausführung soll nicht durch Abänderungsanträge der Parteien gestört oder verzögert werden können (Mat II 1 306). Die mit der Novelle 1924 hinzugefügten Sätze 2–4 sollten die schon aus der Rechtsnatur des Beweisbeschlusses als prozessleitende Anordnung folgende Abänderbarkeit nicht einschränken, sondern in Durchbrechung des Mündlichkeitsprinzips eine Abänderung ohne mündliche Verhandlung ermöglichen. Der gem § 358a zulässige Erlass von Beweisbeschlüssen vor der mündlichen Verhandlung wird dadurch nicht berührt.
B. Die Änderungsbefugnisse.
I. Vor der mündlichen Verhandlung.
Rn 2
Soweit das Gericht gem § 358a schon vor der mündlichen Verhandlung einen Beweisbeschluss erlassen hat, kann sie diesen auch vor der mündlichen Verhandlung wieder aufheben, ändern oder ergänzen. § 358a verdrängt in diesem Verfahrensstadium § 360, um die mit dieser Bestimmung ermöglichte vorterminliche Beweiserhebung nicht unnötig zu erschweren. Vor der Aufhebung oder Änderung sind die Parteien allerdings zu hören.
II. Ab Eröffnung der mündlichen Verhandlung.
1. Aufhebung.
Rn 3
Hat ein Termin zur mündlichen Verhandlung stattgefunden, kann das Gericht weiterhin auch ohne mündliche Verhandlung von einer Beweiserhebung absehen oder den Beweisbeschluss aufheben, wenn es der Ansicht ist, der Beweis sei nicht mehr erforderlich (Köln 14.9.18 – 19 U 57/18 Rz 78, juris). Die Gegenansicht, die § 360 entsprechend auf die Aufhebung anwenden und auch sie grds nur aufgrund einer mündlichen Verhandlung zulassen will (St/J/Berger Rz 12; AK-ZPO/Rüßmann Rz 1), übersieht, dass die Änderung dem Neuerlass eines Beweisbeschlusses gleichsteht, während die Aufhebung des Beweisbeschlusses nur die Verfahrenslage wieder herstellt, bei der noch kein Beweisbeschluss erlassen worden war (MüKoZPO/Heinrich Rz 3 mit zutr Hinweis auf die Rechtslage vor Einfügung des S 2; Musielak/Stadler Rz 2). Unbeschadet dessen soll das Gericht die Durchführung des Beweisbeschlusses ohne mündliche Verhandlung aussetzen können (allgM, auch St/J/Berger Rz 14). Den Parteien ist jedoch sowohl zur Aufhebung wie zur beabsichtigten Nichtdurchführung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
2. Abänderung.
Rn 4
Mit Ausnahme der Fälle des S 2 ist eine Abänderung des Beweisbeschlusses in diesem Verfahrensstadium jedoch nur aufgrund mündlicher Verhandlung zulässig. Außerhalb der mündlichen Verhandlung kann er nur in den in S 2 bestimmten und entsprechenden Fällen geändert werden. Danach ist eine Änderung insb auf Antrag einer Partei und mit Zustimmung des Gegners möglich (S 2, 1. Var). Dem steht es gleich, wenn das Gericht von sich aus eine Änderung anregt und beide Parteien zustimmen.
Rn 5
Ohne Zustimmung der Parteien kann das Gericht das Beweisthema ergänzen oder berichtigen (S 2, 2. Var). Es kann mithin um weitere Tatsachen vervollständigt (enger Zö/Greger Rz 4) oder inhaltlich konkretisiert werden. Dagegen soll ohne weiteren Beweisbeschluss kein weiteres neues Beweisthema hinzugefügt werden können (MüKoZPO/Heinrich Rz 8). Die Erweiterung des Beweisbeschlusses um einen angetretenen Gegenbeweis ist jedenfalls dann zulässig, wenn er direkt geführt wird (MüKoZPO/Heinrich Rz 8; undifferenziert dagegen Wieczorek/Wieczorek Anm A II b 1). Alle Ergänzungen sind wegen des Beibringungsgrundsatzes nur iRd Parteivortrags zulässig.
Rn 6
Es können aber auch andere Zeugen oder Sachverständige benannt werden (S 2, 3. Var). Neben der irrtümlichen Bezeichnung eines Zeugen kommt dies va in Betracht, wenn das Gericht zunächst nur einen Teil der benannten Zeugen vernommen hat, nunmehr aber noch die Vernehmung weiterer Zeugen für erforderlich hält, weil es hinreichende Gewissheit noch nicht gewinnen konnte. Wurde ein Gutachten nicht von dem gerichtlich bestellten SV erstellt, sondern von einem anderen, kann dieser gem S 2, 3. Var auch nachträglich benannt werden (BGH NJW 85, 1399, 1400 [BGH 08.01.1985 - VI ZR 15/83]).
Rn 7
§ 360 S 2 wird auf nicht genannte Änderungen insb in der Art der Ausführung der Beweisaufnahme entsprechend angewandt. Hat das Gericht etwa zunächst nur ein schriftliches Gutachten eingeholt, kann es ergänzend eine mündliche Anhörung des SV anordnen (BGH NJW 02, 301, 302 [BGH 25.10.2001 - III ZR 43/01]). Hat es eine Beweisaufnahme durch den beauftragten oder ersuchten Richter angeordnet, kann es diese austauschen oder die Beweisaufnahme wieder an sich ziehen. Nach überwiegender Ansicht soll es sogar in...