Rn 4
Soweit die Beweisaufnahme im In- oder Ausland nicht durch das Gericht erfolgen kann oder soll, hat das Gericht vorrangig die im Fremdstaat tätigen Konsularbeamten zu beauftragen. Diese sind verpflichtet, dem Ersuchen Folge zu leisten, § 15 I KonsG. Dabei muss der vernehmende Beamte entweder die Befähigung zum Richteramt haben (§ 19 I KonsG) oder zur Vernehmung oder Anhörung gesondert ermächtigt worden sein (§ 19 I 2 Nr 1 KonsG). Ist das Konsulat im Empfangsstaat nicht mit entsprechend befähigten Beamten besetzt, kommt wegen der Unmöglichkeit einer konsularischen Beweisaufnahme nur die Rechtshilfe nach Abs 1, ein Vorgehen nach § 364 oder der Versuch eines Beweismitteltransfers ins Inland in Betracht. Entsprechendes gilt, wenn der Konsul aufgrund der im Folgenden aufgezählten Hindernisse nicht tätig werden kann.
Rn 5
Der Empfangsstaat muss die beweiserhebende Tätigkeit des Konsuls billigen. Dies ist in verschiedenen völkerrechtlichen Verträgen, insb Art 5j WÜK, 15, 16 HBÜ und 15 HÜZ geschehen. Rechtshilfe kann aber auch auf vertragsloser Basis gewährt werden. Dabei schränken die Empfangsstaaten die grds zugelassene Tätigkeit des Konsuls häufig durch Vorbehalte verschiedenen Inhalts ein. Nicht selten wird das Einverständnis auf die Angehörigen des ersuchenden Staates beschränkt (vgl Art 15 I, 16 I HBÜ) oder von einer gesonderten Genehmigung abhängig gemacht (zB in Dänemark oder der Schweiz). Zuweilen steht die Gestattung unter der Bedingung, dass keine Rechtswirkungen im Empfangsstaat hervorgerufen werden (St/J/Berger Rz 32 mwN). Die jeweils geltenden Beschränkungen können dem Länderteil der ZRHO (s.o. Rn 1) entnommen werden (s.a. die Übersicht bei St/J/Berger Rz 37).
Rn 6
Der Konsul ist jedoch nicht berechtigt, selbst Zwangsmaßnahmen zu treffen, § 15 III 3 KonsG. Soweit sich der Empfangsstaat dazu bereit erklärt hat, kann er dessen zuständige Behörden einschalten, um Zwang auszuüben (Art 18 HBÜ). Dies ist etwa in den Vereinigten Staaten, Mexiko und Südafrika der Fall. Näheres kann über den Länderteil der ZRHO (s.o. Rn 1) ermittelt werden. Scheiden Zwangsmaßnahmen aus, ist zweckmäßigerweise vorab zu klären, ob die zu vernehmende Person bereit ist, vor dem Konsul auszusagen.
Rn 7
Die Beweiserhebung unterliegt deutschem Recht, § 15 III KonsG. Im Rahmen des HBÜ sind allerdings die Einschränkungen nach Art 21 HBÜ zu beachten. Obgleich der Konsul Beamter ist und deshalb nicht die unabhängige Stellung eines Richters hat, wird ihm wegen der Gleichstellung der von ihm durchgeführten Vernehmungen und Vereidigungen mit richterlichen Vernehmungen und Vereidigungen gem § 15 IV KonsG sachliche Unabhängigkeit bei der Durchführung der Beweisaufnahme zugesprochen (St/J/Berger Rz 39). Er unterliegt hierbei keinen Weisungen, ist aber an den Beweisbeschluss bzw das Ersuchen gebunden. Insbesondere darf er den Zeugen nicht ohne entsprechenden Hinweis des Prozessgerichts nur schriftlich befragen, auch wenn § 39 ZRHO die schriftliche Befragung aus Kostengründen empfiehlt. Das Gericht kann und sollte ihm im Beweisbeschluss oder im Ersuchen auch die Aspekte mitteilen, auf die es ihm besonders ankommt (vgl BGH NJW 84, 2039). Eine Ablehnung nach § 42 ZPO ist jedoch nicht möglich, weil der Konsul nicht als Richter beweiswürdigend oder entscheidend tätig wird (Geimer Rz 260; aA St/J/Berger Rz 39). Allerdings ist er bei Vorliegen eines der Gründe des § 65 BBG von der Beweisaufnahme zu entbinden.
Rn 8
Die Parteien sind grds berechtigt, der Beweiserhebung beizuwohnen. Der Konsul ist daher verpflichtet, sie von dem Termin rechtzeitig in Kenntnis zu setzen, § 15 III KonsG iVm § 357 II. Will ein Mitglied des Gerichts an der Beweisaufnahme teilnehmen, ist außerhalb des Geltungsbereichs des EuBVO sowohl das Einverständnis des Empfangsstaates (vgl Art HBÜ) wie der Bundesregierung (§ 38a ZHRO) einzuholen. Die Teilnahme des Gerichts lässt die Verantwortlichkeit des Konsularbeamten für die Beweisaufnahme jedoch unberührt.