Gesetzestext
(1) Soll die Beweisaufnahme im Ausland erfolgen, so hat der Vorsitzende die zuständige Behörde um Aufnahme des Beweises zu ersuchen.
(2) Kann die Beweisaufnahme durch einen Konsularbeamten erfolgen, so ist das Ersuchen an diesen zu richten.
(3) Die Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates vom 28. Mai 2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen (ABl. EG Nr. L 174 S. 1) bleiben unberührt. Für die Durchführung gelten die §§ 1072 und 1073.
A. Normzweck.
Rn 1
Zusammen mit § 364 regelt die Vorschrift die Möglichkeiten einer Beweisaufnahme im Ausland. Während es § 364 gestattet, die Beibringung des im Ausland zu erhebenden Beweises weitgehend den Parteien zu überantworten, sieht § 363 mehrere Wege vor, die das Gericht einschlagen kann, um einen Beweis im Ausland erheben zu lassen. Abs 1 betrifft die Rechtshilfe durch ausländische Behörden. Sie ist näher in völkerrechtlichen Verträgen, namentlich dem HBÜ und dem HÜZ sowie bilateralen Verträgen mit einzelnen Staaten geregelt (s dazu den Länderteil der ZRHO, in seiner jeweils aktuellen Fassung abrufbar unter http://www.datenbanken.justiz.nrw.de/). Für die Abwicklung des Rechtshilfeverfahrens ist die ZRHO, von Bund und Ländern erlassene Verwaltungsvorschriften zu beachten (vgl BGHZ 87, 385, 389). Soweit eine Beweisaufnahme durch den Konsul möglich ist (Abs 2), hat das Gericht vorrangig diesen Weg zu wählen. Der am 1.1.04 in Kraft getretene Abs 3 weist auf die EuBVO und die sie flankierenden Bestimmungen der ZPO hin, die als unmittelbar geltendes Recht das Verfahren bei Beweiserhebungen in der EU (mit Ausnahme von Dänemark) regeln.
Rn 2
Gleichzeitig durchbricht die Vorschrift die Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme, weil die Beweiserhebung danach ausländischen Behörden oder dem Konsul zu übertragen ist und das Prozessgericht sie nicht selbst durchführt. Da eine Beweiserhebung durch das Prozessgericht im Ausland jedoch wegen ihres hoheitlichen Charakters grds in die Souveränität des fremden Staates eingreift, ist diese Durchbrechung erforderlich, soweit dieser Staat hierin nicht eingewilligt hat (allgM, etwa Zö/Geimer Rz 1; Leipold S 39 ff). Gestatten völkerrechtliche Vereinbarungen eine beweiserhebende Tätigkeit des Gerichts selbst (zB Art 17 HBÜ; 17 EuBVO), steht § 363 nicht entgegen. Das Gericht wird durch § 363 auch nicht daran gehindert, Beweismittel aus dem Ausland ins Inland zu holen. Die Grenze wird insoweit durch den Souveränitätsanspruch des fremdem Staates gezogen (vgl §§ 39 f ZRHO). Soweit diese Versuche Erfolg versprechen, sollten sie im Interesse der Beweisunmittelbarkeit und der Parteiöffentlichkeit auch unternommen werden (s.a. Zö/Geimer Rz 5 ff; St/J/Berger Rz 2; Stuttg Urt v 24.3.10 – 3 U 214/09, Rz 21 – juris; aA jedoch noch BGH MDR 80, 931f).
Rn 3
§ 363 betrifft nicht die Beweisaufnahme, die deutsche Gerichte auf das Ersuchen ausländischer Gerichte zu leisten haben. Für Ersuchen aus Mitgliedsstaaten der EU (mit Ausnahme Dänemarks) gelten nunmehr die EuBVO und §§ 1074 f neben den fortgeltenden bilateralen Abkommen (Zö/Geimer Rz 3 f, 9). Für Ersuchen aus anderen Staaten sind die einschlägigen multi- und bilateralen Rechtshilfeabkommen mit ihren innerstaatlichen Ausführungsgesetzen sowie die Vorschriften der ZRHO maßgebend, namentlich etwa §§ 8 ff des Ausführungsgesetzes zum HBÜ v. 22.12.77 (BGBl I 3105) und §§ 1 f des Ausführungsgesetzes zum HÜZ v 18.12.58 (BGBl I 939).
B. Beweiserhebung im Ausland.
I. Beweiserhebung durch den Konsul.
Rn 4
Soweit die Beweisaufnahme im In- oder Ausland nicht durch das Gericht erfolgen kann oder soll, hat das Gericht vorrangig die im Fremdstaat tätigen Konsularbeamten zu beauftragen. Diese sind verpflichtet, dem Ersuchen Folge zu leisten, § 15 I KonsG. Dabei muss der vernehmende Beamte entweder die Befähigung zum Richteramt haben (§ 19 I KonsG) oder zur Vernehmung oder Anhörung gesondert ermächtigt worden sein (§ 19 I 2 Nr 1 KonsG). Ist das Konsulat im Empfangsstaat nicht mit entsprechend befähigten Beamten besetzt, kommt wegen der Unmöglichkeit einer konsularischen Beweisaufnahme nur die Rechtshilfe nach Abs 1, ein Vorgehen nach § 364 oder der Versuch eines Beweismitteltransfers ins Inland in Betracht. Entsprechendes gilt, wenn der Konsul aufgrund der im Folgenden aufgezählten Hindernisse nicht tätig werden kann.
Rn 5
Der Empfangsstaat muss die beweiserhebende Tätigkeit des Konsuls billigen. Dies ist in verschiedenen völkerrechtlichen Verträgen, insb Art 5j WÜK, 15, 16 HBÜ und 15 HÜZ geschehen. Rechtshilfe kann aber auch auf vertragsloser Basis gewährt werden. Dabei schränken die Empfangsstaaten die grds zugelassene Tätigkeit des Konsuls häufig durch Vorbehalte verschiedenen Inhalts ein. Nicht selten wird das Einverständnis auf die Angehörigen des ersuchenden Staates beschränkt (vgl Art 15 I, 16 I HBÜ) oder von einer gesonderten Genehmigung abhängig gemacht (zB in Dänemark oder der Schweiz). Zuweilen steht die Gestattung unter der Bedingung, dass keine Rechtswirkungen im Empfangsstaat hervorgerufen w...