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Weitere Voraussetzung des § 375 I ist, dass das Prozessgericht prognostisch das Beweisergebnis auch ohne unmittelbaren Eindruck von dem Verlauf der Beweisaufnahme sachgemäß zu würdigen vermag (Bremen OLGR Bremen 09, 352, Rz 13). Wenn es also auf die Glaubwürdigkeit eines Zeugen ankommt, wird ein Verfahren gem § 375 regelmäßig ausscheiden, zB dann, wenn einander widersprechende Aussagen von Zeugen zu erwarten sind (Zö/Greger § 375 Rz 1; BSG 12.9.18 – B 14 AS 414/17 B Rz 11). Diese Voraussetzung führt im Ergebnis dazu, dass bei sachgerechter Anwendung § 375 weitgehend leer laufen muss. Hat das Prozessgericht zB die Vernehmung zweier Zeugen im Wege der Rechtshilfe angeordnet und hat dies einander widersprechende Aussagen der Zeugen erbracht, so erwächst dem Prozessgericht aus § 398 die Pflicht, die Glaubwürdigkeit der Zeugen durch deren wiederholte, unmittelbare Vernehmung eigenständig zu beurteilen (Frankf OLGR Frankf 07, 321). Nur in den Fällen, in denen ein ›unangefochtener‹ Zeuge lediglich objektiv nachprüfbare Daten mitzuteilen hat, wird es nicht auf den persönlichen Eindruck vom Zeugen ankommen. In der praktisch weitaus größten Zahl der Fälle wird das – gesamte – Prozessgericht daher die Zeugenvernehmung nicht umgehen können.

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