Gesetzestext
(1) 1Die Ladung der Zeugen ist von der Geschäftsstelle unter Bezugnahme auf den Beweisbeschluss auszufertigen und von Amts wegen mitzuteilen. 2Sie wird, sofern nicht das Gericht die Zustellung anordnet, formlos übermittelt.
(2) Die Ladung muss enthalten:
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die Bezeichnung der Parteien; |
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den Gegenstand der Vernehmung; |
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die Anweisung, zur Ablegung des Zeugnisses bei Vermeidung der durch das Gesetz angedrohten Ordnungsmittel in dem nach Zeit und Ort zu bezeichnenden Termin zu erscheinen. |
(3) 1Das Gericht kann eine schriftliche Beantwortung der Beweisfrage anordnen, wenn es dies im Hinblick auf den Inhalt der Beweisfrage und die Person des Zeugen für ausreichend erachtet. 2Der Zeuge ist darauf hinzuweisen, dass er zur Vernehmung geladen werden kann. 3Das Gericht ordnet die Ladung des Zeugen an, wenn es dies zur weiteren Klärung der Beweisfrage für notwendig erachtet.
A. Normzweck.
Rn 1
Die Norm stellt klar, dass es die Aufgabe des Gerichts (genauer: dessen Geschäftsstelle auf Weisung des Richters) ist, Zeugen zum Termin herbeizuschaffen. Eine § 220 StPO entsprechende Norm kennt das Zivilprozessrecht dagegen nicht (Zö/Greger § 377 Rz 1).
B. Inhalt und Form der Ladung.
I. Bezeichnung der Parteien.
Rn 2
Dem Zeugen sind die Parteien mitzuteilen, und zwar zumindest dergestalt, dass dem Zeugen – und sei es iVm der Mitteilung des Streitgegenstandes – möglich ist, den Inhalt des Rechtsstreits soweit zu identifizieren, dass ihm eine Vorbereitung auf den Termin (§ 378) möglich ist.
II. Gegenstand der Vernehmung.
Rn 3
Entgegen dem missverständlichen Wortlaut (›unter Bezugnahme auf den Beweisbeschluss‹) ist für die Anordnung der Zeugenvernehmung ein Beweisbeschluss nur ausnahmsweise erforderlich; ansonsten reicht eine formlose Beweisanordnung aus (§ 358 Rn 2). Gem § 377 II Nr 2 ist der Streitgegenstand soweit zu umreißen, dass der Zeuge auch insoweit seiner Vorbereitungspflicht nachkommen kann und überhaupt in die Lage versetzt wird, sich schon vor Beginn seiner Vernehmung zu vergegenwärtigen, zu welchem Streitfall er befragt werden wird. Prädispositionen des Zeugen ist durch eine möglichst offene Beschreibung des Vernehmungsgegenstandes (also: ›Hergang des Unfalls vom …‹) zu begegnen; keinesfalls darf der Parteivortrag unkommentiert wiedergegeben werden. Andererseits darf die Angabe des Vernehmungsgegenstandes nicht gänzlich unterbleiben; in diesem Fall liegt eine ordnungsgemäße Ladung nicht vor mit der Folge, dass Maßnahmen gem § 380 nicht ergriffen werden dürfen (Saarbr OLGR Saarbr 05, 960).
III. Zeit, Ort, Folgen des Ausbleibens.
Rn 4
Dem Zeugen sind Uhrzeit und Sitzungssaal mitzuteilen, bei ›Ortsterminen‹ (§ 371 Rn 2) außerhalb des Gerichtsgebäudes die Örtlichkeit hinreichend exakt. Außerdem ist der Zeuge auf die ihn im Fall des Ausbleibens treffenden Folgen hinzuweisen (§§ 380 f).
IV. Form.
Rn 5
Die Ladung erfolgt – vorbehaltlich gegenteiliger, auf förmliche Zustellung iSv §§ 166 ff lautender Weisung des Gerichts – formlos, also mit einfacher Post. Im Falle des Bestreitens des Zeugen wird ein Nachweis des Zugangs der formlos versandten Ladung, welcher Voraussetzung für ein Vorgehen gem § 380 ist, indessen nicht zu führen sein. Umgekehrt hat im Fall der ordnungsgemäßen förmlichen Zustellung der Zeuge den Nachweis für seine Behauptung zu führen, die Ladung habe ihn entgegen der Postzustellungsurkunde gleichwohl tatsächlich nicht oder nicht rechtzeitig erreicht (LSG München 6.4.09 – L 2 B 608/08 AS, Rz 9). Auch der sich im Ausland aufhaltende Zeuge wird mit einfacher Post geladen; soll er förmlich geladen werden, so gelten § 183, 1068 f, soll er im Ausland vernommen werden, so gelten §§ 363, 1072. Ladungen an Zeugen, die jünger als 14 Jahre alt sind, werden an die Erziehungsberechtigten gerichtet mit der Aufforderung, die Kinder zum Termin mitzubringen (Musielak/Huber, § 377 Rz 2).
V. Frist.
Rn 6
Eine Frist ist nicht vorgeschrieben (LSG Stuttgart 7.2.07 – L 13 R 293/07 B, Rz 4); bei unzumutbar kurzer Frist – deren Bemessung Sache des Einzelfalles unter Berücksichtigung der persönlichen und beruflichen Umstände des Zeugen ist – wird im Falle des Ausbleibens des Zeugen aber von seiner genügenden Entschuldigung iSd § 381 auszugehen sein (Zö/Greger § 377 Rz 4b; LSG Stuttgart 7.2.07 – L 13 R 293/07 B, Rz 7; s.a. § 381 Rn 5).
C. Schriftliche Zeugenvernehmung.
I. Zeitpunkt.
Rn 7
Die Anordnung gem § 377 III kann gem § 358a Nr 3 schon vor der mündlichen Verhandlung ergehen; dies ist – bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen – in hohem Maße zweckdienlich, weil dies den Kenntnisstand des Gerichts und der Parteien schon vor Beginn der Güteverhandlung beträchtlich erhöht.
II. Einverständnis, Fragerecht.
Rn 8
Nach dem Wortlaut der Vorschrift ist das Einverständnis der Parteien nicht erforderlich (anders im Fall des § 128 II). Jedoch wird es sich empfehlen, vorab die entsprechende Zustimmung der Parteien einzuholen. Die Zeugenvernehmung nach § 377 III unterfällt nämlich nicht dem Urkunds-, sondern dem Zeugenbeweis, so dass das Recht der Parteien, an den Zeugen Fragen zu stellen (§ 397 I), durch eine Anordnung nach § 377 III nicht ausgehebelt werden kann (Zö/Greger § 377 Rz 5). In der Praxis bedeutet dies, dass es im Belieben der Partei steht, ein persönliches Erscheinen des ...