Rn 12
Zum Merkmal der ›Schriftlichkeit‹ in § 38 II 2 gibt es auf Grund des Anwendungsvorrangs der EuGVVO (früher des EuGVÜ) wenig höchstrichterliche Rspr. Da der Gesetzgeber aber § 38 II 2 bewusst Art 17 EuGVÜ nachgebildet hat, kann auf die Rspr zu Art 17 EuGVÜ/LugÜ bzw Art 23 EuGVVO aF zurückgegriffen werden (BGH NJW 93, 1070, 1071 [BGH 14.11.1991 - IX ZR 250/90]). Danach enthält das Merkmal ›Schriftlichkeit‹ keinen bloßen Verweis auf die materiell-rechtliche Vorschrift des § 126 BGB, so dass die auf den Abschluss der Gerichtsstandsvereinbarung gerichteten Erklärungen zwar von beiden Parteien verschriftet, nicht aber handschriftlich unterzeichnet sein müssen (St/J/Bork § 38 Rz 28; offengelassen: BGH NJW 01, 1731) und es überdies genügt, wenn dies in getrennten Schriftstücken (zB per Briefwechsel, vgl Ddorf OLGR 04, 208) geschehen ist, sofern aus ihnen die inhaltliche Übereinstimmung beider Erklärungen hinreichend deutlich hervorgeht (BGH NJW 01, 1731). Die Rücksendung eines nur vom Empfänger, nicht aber vom Absender unterzeichneten Vertragstextes genügt der – auch aus Beweisgründen – gebotenen Formstrenge nicht (BGH NJW-RR 05, 150 [BGH 06.07.2004 - X ZR 171/02]), da es schon an der beweisbar verschrifteten Verkörperung des Geltungswillens durch beide Parteien fehlt. Eine Übermittlung der verschrifteten Erklärung durch moderne Fernkommunikationsmittel, die von vorneherein keine handschriftliche Unterzeichnung zulassen, ist vor dem Hintergrund dieser Auslegung auch ohne weiteres möglich (vgl BGH NJW 01, 1731 [BGH 22.02.2001 - IX ZR 19/00]). Die Verwendung von AGB schließt die Wahrung der ›Schriftlichkeit‹ nicht aus. Gleichwohl kann bei einem beiderseits unterzeichneten Vertragstext von einer Schriftlichkeit im Hinblick auf eine umseitig abgedruckte Gerichtsstandsklausel nur gesprochen werden, wenn bereits der unterzeichnete Text auf die rückseitigen AGB verweist und dieser Hinweis so deutlich ist, dass ihn die andere Partei bei Anwendung zumutbarer Sorgfalt zur Kenntnis nehmen konnte (Ddorf OLGR 04, 208; BayObLG BB 01, 1498 [BayObLG 11.04.2001 - 4 Z AR 29/01]).
Rn 13
§ 38 II 2 lässt zur Formwahrung auch ›halbe Schriftlichkeit‹, also die schriftliche Bestätigung einer bereits getroffenen Vereinbarung durch eine Partei, genügen. Grundvoraussetzung ist aber, dass die Parteien vor Zugang der Bestätigung nicht lediglich rechtlich unverbindlich über den Gerichtsstand gesprochen haben, sondern es muss zu einer mit Rechtsbindungswillen vorgenommenen echten Einigung der Parteien über diese Frage gekommen sein (BGH NJW 01, 1731, 1732 [BGH 22.02.2001 - IX ZR 19/00]; Saarbr OLGR 07, 862, 864). Die vorhergehende, nichtschriftliche Einigung muss allerdings nicht ausdrücklich bekundet worden sein. Vielmehr genügt es, wenn sich eine solche Willenseinigung eindeutig im Wege der Auslegung der zuvor ausgetauschten Willenserklärungen der Parteien ermitteln lässt (Saarbr OLGR 07, 862). Die Bestätigung ihrerseits muss so ausgefallen sein, dass sich ihr mit Gewissheit entnehmen lässt, dass die bestätigende Partei den mündlich besprochenen Vertragsinhalt, zu der die Gerichtsstandsklausel gehört, der sich aber auch auf dieselbe beschränken mag, zweifelsfrei bestätigt (BGH NJW 93, 1070, 1071). Die Bestätigung kann dabei von jeder der Parteien abgegeben werden, ohne dass es insoweit eine Rolle spielt, ob die bestätigende oder die andere Partei durch die Gerichtsstandsklausel belastet wird (BGH NJW 93, 1070, 1071 [BGH 14.11.1991 - IX ZR 250/90]). Schließlich setzt eine wirksame Bestätigung voraus, dass ihr Empfänger ihr nicht widersprochen hat und dass sie in hinreichendem zeitlichem Zusammenhang mit der zuvor getroffenen mündlichen Vereinbarung erfolgt (Ddorf NJW-RR 98, 1145, 1147 [OLG Düsseldorf 02.10.1997 - 12 U 180/96]).