Rn 8

Der Ausnahmetatbestand des § 385 II setzt eine wirksame Schweigepflichtentbindung voraus. Bei höchstpersönlichen Interessen, die von der Schweigepflicht geschützt werden, kann nur der Vertrauensgeber selbst eine wirksame Entbindung vornehmen; beim Tod des Vertrauensgebers geht diese Befugnis daher auch grds nicht auf die Erben über (Zö/Greger § 385 Rz 10; Musielak/Huber § 383 Rz 4, § 385 Rz 7). Anderes gilt bei Vermögensangelegenheiten: Hier sind die Erben und andere Rechtsnachfolger berechtigt, die Entbindung zu erklären (Dresd MDR 18, 1193 [OLG Celle 20.06.2018 - 6 W 78/18]; aA wohl Frankf NVersZ 1999, 523; wie hier Musielak/Huber § 385 Rz 7; Zö/Greger § 385 Rz 10). Zu Fällen der Entbehrlichkeit der Schweigepflichtentbindung bei Tod des Vertrauensgebers s.u. Rn 11. Auch gewillkürt (Celle NJW 55, 1844: Übergang auf Generalbevollmächtigten) oder gesetzlich (Ddorf NJW-RR 1994, 958, 959; Priebe ZIP 11, 312, 315: Übergang auf Insolvenzverwalter) kann die Befugnis auf Dritte übergehen. Nach Auffassung des LAG Düsseldorf genügt dagegen die bloße Prozessvollmacht zugunsten des Anwalts einer Partei nicht, damit dieser Ärzte des Mandanten von deren Schweigepflicht entbinden könnte (LAG Düsseldorf 19.12.12 – 7 Sa 603/12, Rz 71); jedenfalls muss – ggf durch entsprechende Nachfrage – sichergestellt sein, dass die Entbindungserklärung letztlich vom Vertrauensgeber stammt (BAG NZA 14, 1356 [BAG 08.05.2014 - 2 AZR 75/13] Rz 33). Bei Minderjährigen kommt es – wie bei der Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechtes (§ 383 Rn 7; Musielak/Huber § 385 Rz 7) – darauf an, ob der minderjährige Vertrauensgeber die ausreichende Verstandesreife hat, um die Bedeutung der Schweigepflichtentbindung beurteilen zu können; fehlt ihm diese Reife, entscheiden für ihn die gesetzlichen Vertreter. Ist Vertrauensgeber eine juristische Person, obliegt die Erklärung den aktuell für die Vertretung zuständigen Personen, ggfs – wenn deren Anliegen betroffen sind – einschließlich der ehemaligen Organvertreter (vgl Priebe ZIP 11, 312, 315). Nicht ausreichend ist wegen § 357, den Vertrauensträger nur zur Vernehmung in Abwesenheit der anderen Partei von der Verschwiegenheit zu entbinden (BAG NZA 14, 1356 [BAG 08.05.2014 - 2 AZR 75/13] Rz 37).

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