a) Darstellung des Anspruchs.
Rn 18
Für die Einordnung eines Forderungsgegenstands als Zinsen kommt es auf die von den Parteien gewählte Bezeichnung nicht an; Zinsen iSd Norm sind das mit Blick auf die Nutzungsdauer festgelegte Entgelt für die Nutzung oder die Möglichkeit der Nutzung eines Kapitals, sei es auf vertraglicher (auch Vergleich), sei es auf gesetzlicher Grundlage; kapitalisierte Zinsen (OLGR Köln 99, 220; München NJW-RR 13, 1088: auch wenn sie für die Zukunft ausgerechnet werden) sowie Stundungs- und Vorfälligkeitszinsen fallen somit als Nebenforderung unter § 4 I Hs 2 (BGH NJW 98, 2060 [BGH 25.03.1998 - VIII ZR 298/97]). Bei sonstigen Nebenforderungen eines Darlehens wie Maklerprovisionen oder Bearbeitungsgebühren (BGH NJW 80, 2074 [BGH 10.04.1980 - III ZR 59/79]) kommt es alleine auf die Frage an, ob sie die Nutzungsdauer zur Grundlage haben; dann sind sie iSd Regelung Zinsen, andernfalls müssen sie, wenn es sich nicht ausnahmsweise um Kosten handelt (iE str, vgl MüKoZPO/Wöstmann § 4 Rz 20; St/J/Roth § 4 Rz 23; Rn 24 ff), dem Streitwert hinzugerechnet werden. Das ist bei Maklerprovisionen regelmäßig der Fall, weil sie auf den Vertragsschluss, nicht auf die später hieraus abgeleiteten Ansprüche gezahlt werden. Lassen sich die Zinsen aus einer einheitlichen Darlehensforderung oder einem Ratenzahlungskredit nicht mehr herausrechnen, mag es bei der Gesamtsumme sein Bewenden haben (Zö/Herget § 3 Rz 16.131 Ratenzahlungskredit; § 4 Rz 11). Für hypothetischen Anlageschaden kommt es auf die Berechenbarkeit nach Art von Zinsen an (LG Göttingen NZG 16, 1193 [BGH 23.06.2016 - IX ZB 18/15]).
b) Grundlage des Anspruchs.
Rn 19
Die materiell-rechtliche Grundlage des Hauptanspruchs ist ohne Bedeutung. Daher lässt eine Inanspruchnahme aufgrund Bürgenhaftung den Charakter des Zinsanspruchs als Nebenforderung nicht entfallen, solange die Haftung auf den Zinsanspruch abhängig von der Hauptforderung verlangt wird (BGH MDR 58, 765). Auch bei der Klage auf Befreiung von einer Verbindlichkeit nebst Zinsen bleiben letztere Nebenforderung (BGH MDR 76, 649). Bei Bereicherungsansprüchen sind Zinsen und Nutzungen nur dann Teil der Hauptforderung, wenn sie Gegenstand eines einheitlichen Gesamtanspruchs sind, wie etwa im Fall des Anspruchs auf Herausgabe des zur Bezahlung einer Nichtschuld nebst Zinsen aufgewandten Betrags oder des Anspruchs auf Zustimmung zur Auszahlung einer aus hinterlegtem Betrag und aufgelaufenen Zinsen bestehenden Hinterlegungsmasse (BGH NJW-RR 00, 1015); bei letzterem fehlt es an der materiell-rechtlichen Abhängigkeit, weil die Verzinsungspflicht die Staatskasse trifft. Entgangener Gewinn, der in Gestalt eines gleichbleibenden Hundertsatzes ist Nebenforderung (BGH NJW 13, 3100 [BGH 27.06.2013 - III ZR 143/12]: Beschwer).
Rn 20
Bei Klage auf Freigabe eines hinterlegten Geldbetrages (BGH MDR 67, 280; Köln JurBüro 80, 281) oder auf Rückzahlung einer Mietkaution sind die aufgelaufenen Zinsen Hauptforderung und daher auf den Streitwert zu addieren (LG Köln WuM 95, 719: wegen § 551 III 4 BGB). Der Anspruch auf Ersatz entgangener Anlagezinsen führt zur Wertaddition, wenn er auf eigenständige vertragliche oder schadensersatzrechtliche Erwägungen gestützt wird (Stuttg NJW-RR 11, 714 [OLG Stuttgart 17.01.2011 - 13 W 76/10]); anderweitig entgangener Anlagezins ist daher wertmäßig anzusetzen (Frankf NJOZ 11, 422). Als Nebenforderung bleibt er unberücksichtigt (BGH MDR 13, 1185 [BGH 27.06.2013 - III ZR 143/12]; Bremen MDR 13, 1487: Gesellschaftsanteil); eine Nebenforderung liegt auch dann vor, wenn der geltend gemachte Anlagezins bei Klageerhebung für die Zukunft betragsmäßig ausgerechnet wird (München NJW-RR 13, 1088). Kosten eines PfÜB sind im Deckungsprozess Nebenforderung (BGH JurBüro 15, 526).
Rn 21
Richtet sich die Klage nicht auf Zahlung der Hauptforderung, sondern auf Abgabe einer Willenserklärung betreffend einen Geldbetrag nebst aufgelaufenen Zinsen, fehlt es an der Abhängigkeit zwischen dem Klageanspruch und den Zinsen. Keine Nebenforderung sind daher Hinterlegungszinsen im Streit um die Freigabe des hinterlegten Betrages (BGHR ZPO § 4 I – Hinterlegungszinsen 1, 2; MDR 67, 280) und gutgeschriebene Zinsen auf einem Konto, das Gegenstand eines Teilungsplans sein soll (BGH NJW-RR 98, 1284); der Zinsbetrag ist für alle Streitwertarten zu addieren. Werden jedoch Zinsen aus Verzug mit der Abgabe einer Willenserklärung verlangt, liegt eine Nebenforderung vor (Hambg JurBüro 94, 364; Rn 14).
c) Änderung der Grundlage.
Rn 22
Wenn die Zinsen aufgrund eines Wandels der materiell-rechtlichen Lage ihren eigenständigen Charakter verlieren, ist § 4 I Hs 2 nicht mehr anwendbar, namentlich bei Saldierung im echten Kontokorrent (St/J/Roth § 4 Rz 23; Musielak/Heinrich § 4 Rz 14), bei Novation iRe Anerkenntnisses (Kobl JurBüro 99, 197) oder wenn sie im Vergleich dem Kapital zugeschlagen werden; eine Differenzierung wäre wegen der ansonsten entstehenden rechnerischen Schwierigkeiten praxisfern (aA wohl Ddorf JurBüro 1984, 1865). Eigenständiger Charakter entsteht auch bei Teilerledigung der Hauptforderung in Bezug ...