1. Normzweck und Anwendungsbereich.
Rn 1
Die Festlegung der Bewertungszeitpunkte dient dem Zweck der Verfahrenssicherheit, der Verfahrensvereinfachung und der prozessualen Gleichbehandlung (BGH WM 56, 609; Schumann NJW 82, 1257, 1258). Erfasst werden mit Ausnahme des Ges (dazu Rn 8) sämtliche Streitwertarten, alle Klagearten (BGH MDR 06, 1064 [BGH 09.02.2006 - IX ZB 310/04]: Vollstreckungsabwehrklage; MüKoZPO/Wöstmann § 4 Rz 2) sowie Anträge auf Arrest und einstweilige Verfügung; in Familiensachen beachte § 34 FamGKG (vgl Schulte-Bunert/Weinreich/Keske § 34 FamGKG). Anwendungsbereich und Tragweite des § 4 beschränken sich allerdings auf die Wertberechnung. Deren prozessuale Folgen etwa für die sachliche Zuständigkeit oder die Zulässigkeit eines Rechtsmittels sind im jeweiligen Zusammenhang zu prüfen, etwa § 506, § 511 II Nr 1, § 26 Nr 8 EGZPO. Besonderes Gewicht hat die Festlegung eines Stichtages daher für Streitgegenstände mit variablem Wert, zB Aktien oder Fremdwährungsforderungen. Für diese bleibt es bei dem Wert, den sie zum Stichtag hatten, Grundsatz der Wertkonstanz (allgA).
2. Wertänderungen.
Rn 2
Veränderung können sich demnach nur bei einer Änderung des Streitgegenstandes ergeben, namentlich bei Klageänderung, -ermäßigung oder -erweiterung; in solchen Fällen legt der Eingang der prozessualen Erklärung durch Schriftsatz oder Abgabe einer Erklärung in der mündlichen Verhandlung, § 261 II, den maßgeblichen Bewertungszeitpunkt fest (OLGR Bambg 98, 282). Die Klageermäßigung nach Eingang lässt den Wert für die Gerichtsgebühren unberührt (Köln JurBüro 11, 489). Eine unzulässige Klageerweiterung nach Schluss der mündlichen Verhandlung ist unbeachtlich (OLGR Karlsr 07, 592). Verlangt also der Kl mit der Klage die Herausgabe von Wertpapieren mit veränderlichem Kurswert und erweitert er die Klage später auf zusätzliche Stücke, so ist für die zuerst geforderten der Kurswert bei Klageerhebung und für die übrigen derjenige bei Klageerweiterung maßgeblich, dh der Zeitpunkt des Eingangs bei Gericht (MüKoZPO/Wöstmann § 4 Rz 5). Zustellung der Klageerweiterung ist nicht erforderlich, wenn sie vor der mdl Verh eingeht (OLGR Ddorf 09, 338). Eine nach deren Schluss vorgenommene, unzulässige Klageerweiterung wirkt sich nicht mehr aus (Karlsr NJOZ 07, 2052).
3. Prozesskostenhilfe.
Rn 3
Nach ganz hM (ausf MüKoZPO/Wöstmann § 4 Rz 11; Musielak/Heinrich § 4 Rz 9) kommt es bei einem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht auf dessen Eingang, sondern auf die sich an die Bewilligung anschließende Prozesshandlung an. Nachteilige Auswirkungen der im Bewilligungsverfahren eintretenden Verzögerung sollen ohne Belang sein. Das bedeutet für Gegenstände mit variablem Wert zB, dass ein bei Antrag auf PKH noch zulässiges Rechtsmittel nach der Bewilligung unzulässig geworden sein kann und eine in die Zuständigkeit des AG fallende Streitsache schließlich mit höherem Kostenrisiko am LG zu betreiben ist. Mögen auch Regelungen, wie § 42 III 2 GKG, § 51 II 2 FamGKG sie für den GeS aufstellen, iÜ nicht vorhanden sein, so fordert es doch der hinter §§ 114 ff stehende Gedanke, in Bezug auf die arme Partei dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit Rechnung zu tragen (BVerfG NJW 08, 1060 [BVerfG 19.02.2008 - 1 BvR 1807/07]), derartige Nachteile zu vermeiden. Umgekehrt ist es nicht gerechtfertigt, der armen Partei, die für ein wertmäßig nicht zulässiges Rechtsmittel PKH beantragt, eine im Verlauf des Prüfverfahrens eintretende Wertsteigerung zugutekommen zu lassen, die ihr in der Rechtsmittelfrist keinen Vorteil mehr gebracht hätte. Die Einreichung des PKH-Antrages bestimmt nach allem analog § 4 I den Bewertungszeitpunkt.