Prof. Dr. Christian Katzenmeier
a) Offenlegung.
Rn 12
Sofern die Tatsachengrundlage nicht offenkundig ist, hat der SV die von ihm ermittelten und die zugrunde gelegten Tatsachen nachprüfbar darzulegen. Befundtatsachen (zu den Begrifflichkeiten s § 414 Rn 2) sind damit grds immer offenzulegen, ansonsten ist das Gutachten unverwertbar. Gleiches gilt grds für die wesentlichen Anknüpfungstatsachen (BGH NJW 94, 2899 [BGH 15.04.1994 - V ZR 286/92]). Auch der Anspruch auf rechtliches Gehör und auf ein faires Verfahren gebietet die Offenlegung, andernfalls kann das Gutachten nicht zur Urteilsgrundlage gemacht werden, weil das Gericht die Aussagen eines Gutachtens nicht ungeprüft übernehmen darf (vor §§ 402 ff Rn 4) und das Recht der Parteien zur Stellungnahme nicht wahrgenommen werden kann (BVerfGE 91, 176, 182 = NJW 95, 40; BVerfG NJW 97, 1909). Eine Einschränkung des Offenlegungsanspruchs der Parteien (§ 357; Art 103 I GG) kann ausnahmsweise gerechtfertigt sein, wenn ein Beteiligter seine Zweifel nicht hinreichend substantiiert oder wenn das Schweigen des Sachverständigen auf anerkennenswerten Gründen beruht und die Nichtverwertung des Gutachtens zum materiellen Rechtsverlust eines Beteiligten führte. Kann dann auf eine Verwertung des Gutachtens aus überwiegendem Interesse der beweispflichtigen Partei nicht verzichtet werden (auch insoweit Justizgewährungsanspruch), so muss das Gericht immerhin versuchen, sich Gewissheit zu verschaffen, in welcher Weise der Sachverständige seine Daten erhoben hat (BVerfGE 91, 176, 183 f = NJW 95, 40 [BVerfG 11.10.1994 - 1 BvR 1398/93]; NJW 97, 1909 [BVerfG 07.04.1997 - 1 BvR 587/95]). Ausnahmsweise soll die Wahrung von Verfahrensrechten über einen Mittelsmann erfolgen können (vgl Zö/Greger § 404a Rz 6). Jedenfalls dem Gericht müssen aber de lege lata grds alle Informationen eröffnet werden. Allg zu beweisrechtlichen Geheimverfahren s § 285 Rn 5; s.a. MüKoZPO/Prütting § 285 Rz 10 ff; ders ZZP 106, 427, 460 f; zur Zurückhaltung von Informationen durch das Gericht s.o. Rn 6.
b) Unrichtigkeit.
Rn 13
Ist der SV von unzutreffenden Anknüpfungstatsachen ausgegangen (zB auch bei Veränderung des Tatsachenstoffs durch späteren Vortrag, insb Parteigutachten oder eine zu eigen gemachte Zeugenaussage), so ist idR eine schriftliche oder mündliche Ergänzung einzuholen (s § 411 Rn 17–25). Wird das Gutachten unbedacht zur Urteilsgrundlage, so ist das rechtliche Gehör verletzt (BGH MedR 08, 556 [BGH 16.10.2007 - VI ZR 229/06]; zu Rechtsmitteln s vor §§ 402 ff Rn 15).