Rn 5

Es steht grds im Ermessen des Gerichts, ob es die persönliche Vernehmung des SV oder die schriftliche Begutachtung anordnet. Die schriftliche Begutachtung ist nicht an besondere Voraussetzungen geknüpft (insb ist § 377 III nicht anwendbar und ein Einverständnis der Parteien nicht erforderlich; vgl BGHZ 6, 398 = NJW 52, 1214) und kann auch noch nach mündlicher Vernehmung erfolgen. Welche Art der Begutachtung zu bevorzugen ist, hängt vom Einzelfall ab. Bei schwierigen und komplexen Sachfragen (ggf Vorabklärung mit SV, § 404a II) kann eine schriftliche Begutachtung mit mündlicher Erläuterung geboten sein, so etwa regelmäßig in Arzthaftungsfällen (vgl EGMR NJW 11, 1055; Karlsr VersR 89, 810; Katzenmeier Arzthaftung S 412; wohl aA Schneider/Schmaltz NJW 11, 3270, 3272). Jedenfalls ist bei einem mündlich erstatteten Gutachten, das ausführliche Beurteilungen zu schwierigen Fragen enthält, nach Vorliegen des Vernehmungsprotokolls (ggf nach anderweitiger sachverständiger Beratung) den Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben (BGHZ 219, 77, 85 = NJW 18, 2723, 2724; BGH NJW 09, 2604, 2605). Dies gilt auch, wenn bereits ein schriftliches Gutachten vorlag, das mündliche, aber neue und ausführliche Beurteilungen enthält (Recht der Stellungnahme zum Beweisergebnis, Art 103 I GG, § 136, faires Verfahren; BGH NJW 84, 1823 [BGH 17.04.1984 - VI ZR 220/82]; NJW 01, 2795 [BGH 03.07.2001 - VI ZR 418/99]); auch Ausführungen in einem nicht nachgelassenen Schriftsatz sind zur Kenntnis zu nehmen, ggf ist die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen, § 156 (BGH VersR 11, 1158 [BGH 30.11.2010 - VI ZR 25/09] = MedR 12, 250 [BGH 07.02.2011 - VI ZR 25/09]; NJW 88, 2302 [BGH 31.05.1988 - VI ZR 261/87]). Allg ist besondere, kritische Sorgfalt auch dann anzuwenden, wenn der Sachverständigenbeweis den Prozessausgang entscheidend beeinflusst (vgl zu einem aktienrechtlichen Spruchverfahren BVerfG NJW 98, 2273 [BVerfG 03.02.1998 - 1 BvR 909/94]; zum Arzthaftungsprozess BGH VersR 09, 499 [BGH 21.01.2009 - VI ZR 170/08]). Auf der anderen Seite ist der Kosten- und Zeitaufwand gerade einer schriftlichen Begutachtung zu beachten, weshalb das Schrifttum in jüngerer Zeit vermehrt die Vorzüge mündlicher Gutachtenerstattung betont (etwa Keders/Walter NJW 13, 1697, 1701; Schneider/Schmaltz NJW 11, 3270, 3272; Stamm ZZP 124, 433, 450; zur Staatshaftung bei überlanger Verfahrensdauer s.a. § 198 GVG, § 128b PatG). Zu schriftlicher Ergänzung und mündlicher Erläuterung s.a. Rn 17–25.

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