Rn 2

Urkunde iSd Zivilprozessordnung ist jede schriftlich verkörperte Gedankenerklärung (BGHZ 65, 300, 301; 136, 357, 362). Dabei muss eine Schrift verwendet worden sein, die das Gericht versteht oder sich erforderlichenfalls mit Hilfe eines Übersetzers oder eines Sachverständigen verständlich machen kann (Musielak/Voit/Huber § 415 Rz 4; MüKoZPO/Schreiber § 415 Rz 5; aA Britz S 127 zu Zahlenschriften, chiffrierten Schriften etc). Aus welchem Material und auf welche Art und Weise das Schriftstück hergestellt wurde, ist für den Urkundenbegriff unerheblich (Köln NJW 92, 1774 [OLG Köln 09.01.1991 - 2 U 99/90]). Der Schriftträger muss lediglich als solcher geeignet sein, die Lesbarkeit zu ermöglichen. Wenn hierzu besondere technische Hilfsmittel erforderlich sein sollten, fehlt es dem Schriftstück an der für eine Urkunde erforderlichen Verkehrsfähigkeit (MüKoZPO/Schreiber § 415 Rz 7).

 

Rn 3

Eine Ausdehnung auf Augenscheinsobjekte, die auf andere Art und Weise einen Gedankeninhalt vermitteln können (zB Tonaufnahmen), hat der BGH unter Hinweis auf den Gesamtzusammenhang der Regeln über den Urkundenbeweis zu Recht abgelehnt (BGHZ 65, 300, 301 = NJW 76, 294). Die besondere formelle Beweiskraft kommt den Urkunden iSd ZPO nur zu, wenn sie in ihrer Erscheinungsform von einem bestimmten Aussteller herrühren. Die öffentliche Urkunde muss hierzu von einer Urkundsperson in der vorgeschriebenen Form aufgenommen, die Privaturkunde muss unterschrieben oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet sein. Diese für die Beweiskraft der Urkunde entscheidenden Merkmale können nur schriftliche Erklärungen erfüllen. Gescannte Dokumente, die ohne technische Hilfsmittel nicht gelesen werden können, sind ebenfalls keine Urkunden, sondern Augenscheinsobjekte (Roßnagel/Wilke NJW 06, 2145, 2148; vgl auch Musielak/Voit/Huber § 416 Rz 4 aE). § 371b weist der ›gescannten öffentlichen Urkunde‹, die mit einem Übertragungsvermerk im Sinne dieser Vorschrift versehen ist, die Beweiskraft einer öffentlichen Urkunde zu (s Kommentierung dort). Elektronisch signierte elektronische Dokumente ordnet die Zivilprozessordnung systematisch den Augenscheinsobjekten zu, erklärt jedoch die Regeln über den Urkundenbeweis für entsprechend anwendbar (§ 371a). Gleiches gilt nach Maßgabe des § 371b für gescannte und mit einem Transfervermerk versehene öffentliche Urkunden.

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