Rn 4
Die dem Richter übertragene Rechtsfindung ist kein singulärer Akt, sondern das Erg einer Kommunikation zwischen allen am Prozess Beteiligten. Diese Kommunikation besteht nicht nur im Austausch von Schriftsätzen und dem Erlass gerichtlicher Verfügungen oder Beschlüsse. Hinzu treten verbale und nonverbale Äußerungen in und außerhalb der mündlichen Verhandlung. Kommunikationsinhalte sind indes nicht immer eindeutig. Häufig kommt es im Rahmen von Kommunikation zu Fehlverhalten und -interpretation Während Parteien und ihre Helfer die Kommunikation ihren Interessen folgend gestalten können, ist der Richter durch die Pflicht zur Unparteilichkeit in seinen Möglichkeiten beschränkt. Durch § 39 DRiG ist ihm Zurückhaltung auferlegt, auch außerhalb des Dienstes. Dieses Mäßigungsgebot führt indes nicht dazu, dass er losgelöst von seiner Persönlichkeit agiert. Er ist als Individuum geprägt durch Herkunft, Erziehung und soziales Umfeld. Diese Prägung führt generell zu persönlichen Grundeinstellungen, in denen ein Richter ebenso ›befangen‹ ist, wie jeder andere auch. Diese ›verborgene Befangenheit‹, die sich in bewusster oder unbewusster Empathie ggü dem Streitgegenstand oder den Prozessbeteiligten widerspiegeln kann, begleitet auch den gewissenhaftesten Richter (B/L/H/A/G/Göertz Grdz vor § 41 Rz 2). Ein Richter lebt nicht im luftleeren Raum. Er verfügt über soziale Kontakte der verschiedensten Art, die ihn in seiner beruflichen Tätigkeit einholen. Bei aller Mäßigung gerät er zwangsläufig bei der Bearbeitung eines Rechtsstreits immer wieder in ein Spannungsfeld zwischen Vertrauen, welches ihm als Richter entgegengebracht wird (§ 41 Rn 1), und Kritik in seinem Umgang mit diesem Vertrauen. In diesem Spannungsfeld ist die Besorgnis der Befangenheit zu verorten. Da die Kommunikation immer mit wechselnden Beteiligten mit ihren jew höchstpersönlichen Prägungen und in verschiedenen Situationen stattfindet, verbietet sich jede schematische Einordnung, wann eine Besorgnis der Befangenheit vorliegt. Das Gesetz überlässt die Definition der die Ablehnung des Richters rechtfertigenden Befangenheit der pflichtgemäßen Beurteilung des zur Entscheidung hierüber berufenen Gerichts (St/J/Bork § 42 Rz 2). Die Rspr hat ihrerseits eine nahezu unüberschaubare Kasuistik entwickelt, die immer nur Fingerzeig, niemals aber absoluter Bewertungsmaßstab im Einzelfall sein kann und darf. In der Beurteilung der Besorgnis der Befangenheit muss sich der juristische Allgemeinplatz konkretisieren: Jeder Fall ist anders.