Rn 4
Der Beweis kann durch Vorlage der Urkunde angetreten werden, wenn die Urkunde sich in den Händen des Beweisführers befindet. Entscheidend ist, dass er die tatsächliche Verfügungsgewalt über die Urkunde ausübt (MüKoZPO/Schreiber § 420 Rz 2). Eine als Beweismittel genannte Urkunde muss spätestens bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vorgelegt werden, wenn sie nicht aufgrund gerichtlicher Anordnung schon früher vorzulegen ist (BGH NJW 86, 428, 429 [BGH 19.09.1985 - VII ZR 158/84]; MüKoZPO/Schreiber § 420 Rz 4). Bei umfangreichen Urkunden oder Urkundensammlungen muss die beweisende Urkundenstelle etwa mit Seitenzahlangabe genau bezeichnet werden (BGH NJW 94, 3295, 3296 [BGH 09.06.1994 - IX ZR 125/93] zu § 432; Kobl NJOZ 19, 853; MüKoZPO/Schreiber § 420 Rz 3; ThoPu/Reichold § 420 Rz 2; Musielak/Voit/Huber § 420 Rz 2; zum Beweisantritt nach § 421: BGH NJW 14, 3312, 3313 [BGH 27.05.2014 - XI ZR 264/13]). Das Gericht hat hierauf uU nach § 139 ZPO gesondert hinzuweisen (BeckOKZPO/Krafka Ed. 38 § 420 Rz 1).
Rn 5
Privaturkunden sind im Original vorzulegen (BGH NJW 80, 1047, 1048; 92, 829, 830 [BGH 21.01.1992 - XI ZR 71/91]; MüKoZPO/Schreiber § 420 Rz 3; Wieczorek/Schütze/Ahrens § 420 Rz 20; Musielak/Voit/Huber § 420 Rz 1; weitergehend Zoller NJW 93, 429, 430 ff). Eine entsprechende Anwendung des § 435 hat der BGH zu Recht abgelehnt (BGH NJW 80, 1047, 1048), da im Regelfall nur anhand des Originals Echtheit (§§ 439, 440) und Unversehrtheit (§ 419) sicher festgestellt werden können. Mit der Vorlage einer beglaubigten Abschrift der Privaturkunde wird der Urkundenbeweis nicht angetreten. Die feste Beweisregel des § 416 findet keine Anwendung; das Gericht entscheidet unter freier Beweiswürdigung (BGH NJW 80, 1047, 1048 [BGH 16.11.1979 - V ZR 93/77]). Wenn der Gegner die Echtheit der Urkunde und die Übereinstimmung der Abschrift mit der Urschrift nicht bestreitet, wird jedoch ein Urkundenbeweis auch unter Vorlage einer Abschrift der Urkunde zugelassen (BGH NJW-RR 06, 847, 849 [BGH 08.03.2006 - IV ZR 145/05]; Schlesw SchlHA 09, 388; MüKoZPO/Schreiber § 435 Rz 1; zu Recht krit im Hinblick auf die strikten Beweisrechtsfolgen im Strengbeweisrecht: Wieczorek/Schütze/Ahrens § 420 Rz 23). Hinsichtlich der Übereinstimmung der Urkunde mit dem Original hat Gleiches zu gelten, wenn die Übereinstimmung durch einen Beglaubigungsvermerk mit der Beweiswirkung des § 418 nachgewiesen ist. In praxi führt die Vorlage der Abschrift ohnehin zumeist dazu, dass die Abgabe der in der Urkunde niederlegten Erklärungen durch den Aussteller unstr ist (vgl § 415 Rn 8).