Gesetzestext
Befindet sich die Urkunde nach der Behauptung des Beweisführers im Besitz eines Dritten, so wird der Beweis durch den Antrag angetreten, zur Herbeischaffung der Urkunde eine Frist zu bestimmen oder eine Anordnung nach § 142 zu erlassen.
A. Regelungsgegenstand, Anwendungsbereich.
Rn 1
Die §§ 428–431 betreffen den Fall, in dem der Beweisführer den Urkundenbeweis nicht durch Vorlegung der Urkunde (§ 429) oder durch Antrag auf Vorlegung durch den Beweisgegner (§ 421) antreten kann, weil die Urkunde sich seiner Behauptung nach im Besitz eines Dritten befindet. Ist der Dritte eine Behörde oder ein Beamter, findet zudem § 432 Anwendung. Ein Beweisantritt nach § 428 ist nur erforderlich, wenn der Dritte die Urkunde nicht freiwillig im Prozess vorlegt. Ist der Dritte zur Vorlegung im Prozess bereit, genügt es, dass der Beweisführer schriftsätzlich auf die Urkunde Bezug nimmt (MüKoZPO/Schreiber § 428 Rz 1; Wieczorek/Schütze/Ahrens § 428 Rz 2). Überlässt der Dritte die Urkunde dem Beweisführer nicht freiwillig, ist es Sache des Beweisführers, außerhalb des Verfahrens, erforderlichenfalls mit selbstständiger Klage durchzusetzen, dass der Dritte die Urkunde dem Prozessgericht zur Einsichtnahme vorlegt. Nach dem ZPO-RG besteht daneben die Möglichkeit der Anordnung der Urkundenvorlage nach § 142, der Sache nach eine Vorlegungsanordnung vAw (zur Anordnung auf Antrag s Rn 5). Die Urkundenvorlage durch den Dritten muss dabei von der Verpflichtung eines Zeugen, Unterlagen im Termin mitzubringen, unterschieden werden. § 378 I betrifft nur Unterlagen, die dem Zeugen die Aussage erleichtern, nicht aber Beweisurkunden (St/J/Berger § 429 Rz 3).
Rn 2
Die §§ 428 bis 431 sind an sich darauf zugeschnitten, dass der Beweisführer die Vorlage der Urkunde selbst außerhalb des Verfahrens betreibt. Der Beweisantritt ist idS nicht auf die Vorlegung der Urkunde gerichtet, sondern darauf, das Verfahren bis zur Erledigung einer gegen den Dritten gerichteten Editionsklage (vgl § 429) anzuhalten. Somit genügt der Beweisantritt durch Antrag auf Bestimmung einer Vorlegungsfrist. Mit der Neufassung der Vorschrift durch das ZPO-RG wurde außerdem die Vorlegungsanordnung nach § 142 zum möglichen Gegenstand des Beweisantritts gemacht. Ob es sich hierbei um eine alternative Form des Beweisantritts handelt oder ob lediglich der Antrag zwei Entscheidungsvarianten enthalten kann, lässt der Wortlaut des § 428 nicht eindeutig erkennen (St/J/Berger § 428 Rz 4, 5). Da schon der Umstand der Neufassung der Vorschrift für eine Stärkung der Position des Beweisführers spricht, ist der ersten Auslegungsvariante der Vorzug zu geben (St/J/Berger § 428 Rz 5; iE auch Musielak/Voit/Huber § 428 Rz 1; MüKoZPO/Schreiber § 428 Rz 3; vgl auch BTDrs 14/4722, 92). Im Urkundenprozess ist der Beweisantritt nach § 428 unzulässig (MüKoZPO/Schreiber § 428 Rz 1; St/J/Berger § 428 Rz 1).
B. Voraussetzung.
Rn 3
§ 428 regelt einheitlich die Voraussetzung für einen Beweisantritt durch Antrag auf Fristsetzung oder durch Antrag auf Anordnung der Urkundenvorlage nach § 142 (zur Alternativität der Beweisantritte Rn 2). Der Beweisführer muss vortragen, dass die Beweisurkunde sich im Besitz eines Dritten befindet, der die Urkunde nicht freiwillig im Prozess vorlegt (zur Abgrenzung des Anwendungsbereichs s Rn 1). Dritter ist jeder, der nicht Beweisführer oder Beweisgegner ist (s § 421 Rn 2). Anders als § 421 und § 432 verlangt § 428 nicht, dass der Dritte die Urkunde ›in Händen hat‹, sondern knüpft explizit an den Urkundenbesitz des Dritten an. Der Wortlaut der Vorschrift ist im Zuge des ZPO-RG geändert und an § 142 angepasst worden.
C. Beweisantritt.
I. Antrag auf Fristsetzung.
Rn 4
Der Beweisantritt durch Antrag auf Fristsetzung zielt darauf ab, das Verfahren anzuhalten. Der Beweisführer, der die Beweisurkunde derzeit noch nicht vorlegen kann, bleibt jedenfalls solange nicht beweisfällig, wie die Frist zur Urkundenvorlegung läuft (Grenze: § 431 II). Die mit der Fristsetzung bewirkte Unterbrechung des Verfahrens soll dem Beweisführer die Möglichkeit verschaffen, die Vorlage der Urkunde durch den Dritten erforderlichenfalls einzuklagen und im Wege der Zwangsvollstreckung durchzusetzen. Da das Gericht über den Antrag durch Beschl entscheidet (§ 431 I), kann der Antrag auf Fristsetzung gem § 128 IV auch außerhalb der mündlichen Verhandlung gestellt werden. Der Beschl, mit dem die Frist gesetzt wird, ist kein Beweisbeschluss, weil er die Beweisaufnahme nicht anordnet, sondern erst vorbereitet (St/J/Berger § 428 Rz 3; MüKoZPO/Schreiber § 431 Rz 2).
II. Antrag auf Anordnung der Urkundenvorlage.
Rn 5
Ziel des Beweisantritts ist der Erlass einer Anordnung der Urkundenvorlage nach § 142. Obwohl § 142 an sich die Anordnung der Urkundenvorlage vAw regelt, handelt es sich im systematischen Zusammenhang des § 428 um eine Beweisanordnung nach Parteiantrag. Der Antrag auf Anordnung nach § 142 ist also ein echter Beweisantrag (Leipold FS Gerhardt, 563, 578; Saenger ZZP 121, 139, 146, 150; Greger DStR 05, 479, 483; Musielak/Voit/Huber § 428 Rz 5). § 428 rekurriert auf die Voraussetzungen des § 142 und das Verfahren zur Durchsetzung der Anordnung. Die Vorschrift int...