Gesetzestext
(1) Die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch ergeht durch Beschluss.
(2) Gegen den Beschluss, durch den das Gesuch für begründet erklärt wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluss, durch den das Gesuch für unbegründet erklärt wird, findet sofortige Beschwerde statt.
A. Entscheidungsgrundsätze.
Rn 1
Wie auch bei sonstigen Entscheidungen hat ein Befangenheitsgesuch nur dann Erfolg, wenn es zulässig und begründet ist.
I. Zulässigkeit.
1. Allgemeine Sachentscheidungsvoraussetzungen.
Rn 2
Das gem § 45 zuständige Gericht hat bei seiner Entscheidung zunächst die Zulässigkeit des Gesuchs zu prüfen, da es sich um eine Prozesshandlung handelt (Wieczorek/Schütze/Niemann § 44 Rz 1) Der ASt muss prozess- und parteifähig sowie prozessführungsbefugt sein (Musielak/Voit/Heinrich § 44 Rz 2). Dieses ist zu unterstellen, wenn gerade wg dieser Voraussetzungen Streit besteht (RGZ 16, 362, 364; Köln NJW 71, 569 [OLG Köln 25.11.1970 - 6 133/69]). Postulationsfähigkeit ist nicht erforderlich (§ 44 Rn 2). Keine eigene Sachbefugnis haben der Prozessbevollmächtigte (BayObLG NJW 75, 699 [BGH 04.12.1974 - 3 StR 298/74]), der gesetzliche Vertreter (Köln NJW-RR 88, 694) und die Partei kraft Amtes, soweit es um Gründe geht, die den Rechtsträger betreffen (Zweibr Rpfleger 00, 265 [OLG Zweibrücken 22.03.2000 - 3 W 50/00], s. § 42 Rn 53).
2. Rechtschutzbedürfnis.
Rn 3
Ein Interesse an der Entscheidung unterliegt außer in den Fällen des Verlustes des Antragsrechts nur beschränkt zeitlichen Grenzen. Es besteht unabhängig vom Stand des Verfahrens immer dann, wenn der Richter konkret mit der Sache befasst ist. Deshalb ist die vorsorgliche Ablehnung eines Richters oder seines Vertreters unzulässig (Brandbg FamRZ 13, 1600). Der Erlass eines Urt lässt das Rechtsschutzbedürfnis nicht zwangsläufig entfallen, soweit Entscheidungen gem §§ 319–321a im Raum stehen (BGH Beschl v 24.4.13 – RiZ 4/12 – Rz 16 – juris). Es besteht ferner nach Klagerücknahme fort, wenn noch ein Kostenantrag zu bescheiden oder der Streitwert festzusetzen ist (BVerfG NJW 11, 2191). Sind entspr Anträge nicht angebracht, besteht ein Bedürfnis ›derzeit‹ nicht. Auch nach Erlass einer instanzbeendenden Entscheidung kann es bei übersehenen Ablehnungsgründen weiter bestehen. Der Ablehnungsgrund ist dann mit den statthaften Rechtsmitteln gg die Entscheidung geltend zu machen (s § 41 Rn 18; Zö/Vollkommer § 42 Rz 4; Schlesw Beschl v. 30.9.15 – 14 WF 87/15, juris). Das Rechtsschutzbedürfnis entfällt aber spätestens mit der letzten unanfechtbaren Entscheidung (BGHZ 141, 93) und auch dann, wenn ein mögliches Rechtsmittel nicht eingelegt worden ist und der abgelehnte Richter keine nachträglichen Entscheidungen mehr zu treffen hat (LG Aachen Beschl v 24.2.16 – 3 T 44/16, juris). Eine Ausnahme ist denkbar bei einer Gegenvorstellung gg Entscheidungen, die zwar in formelle, nicht aber in materielle Rechtskraft erwachsen, zB zurückweisender PKH-Beschl, (Musielak/Fischer, 9. Aufl, § 127 Rz 6), da hier eine sachliche Befassung durch den Richter erfolgt. Keinesfalls reicht indes die bloße Möglichkeit einer Gegenvorstellung, da das Rechtsschutzbedürfnis nur dann bejaht werden kann, wenn der Richter konkret mit der Sache befasst ist (s.o.) (aA Hamm Beschl v 27.4.12 – I-32 W 7/12 – Rz 7 – juris). Durch Ausscheiden des Richters aus dem Spruchkörper (Dezernatswechsel, Abordnung, längere Dienstunfähigkeit, Ausscheiden aus dem Dienst) kommt es zum Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses, da die erstrebte Hinderung des Richters immer nur für die Zukunft wirkt (BVerfGE 133, 377; BGH Beschl v 18.2.14 – VIII ZR 271/13 – Rz 6 – juris; Beschl v 21.2.11 – II ZB 2/10 – Rz 10 u. Beschl v 4.5.11 – AnwZ [B] 12/10 Rz 8 – juris). Das Rechtsschutzinteresse entfällt ferner, wenn der Antrag einer Partei auf Tatsachen gestützt wird, über die bereits aufgrund einer Selbstanzeige gem § 48 unanfechtbar entschieden worden ist (BVerwG Beschl v 18.2.98 – 11 B 30/97 – Rz 10 – juris).
Rn 4
Schließlich lässt der Missbrauch des Ablehnungsrechts das Rechtschutzbedürfnis entfallen (s.a. § 45 Rn 1). Ein solcher ist anzunehmen, wenn das Verfahren verschleppt oder verfahrensfremde Zwecke verfolgt werden sollen (allgM). Für die Annahme eines Missbrauchs kann nicht nur der Inhalt des Ablehnungsgesuchs selbst, sondern auch indiziell das übrige prozessuale Verhalten des Ablehnenden herangezogen werden (Köln Beschl v 30.12.08 – 2 W 127/08 Rz 16 – juris). Eine Verschleppung liegt vor, wenn die Ablehnung eine Terminverlegung erzwingen soll, die als nicht hinreichend begründet verweigert worden ist (Frankf NJW 09, 1007, 1009; Köln OLGR 04, 404), wenn ein zurückgewiesenes Gesuch ohne nennenswerte neue Gründe wiederholt wird (München Beschl v 26.1.11 – 1 W 64/11 – OS – juris; KG FamRZ 86, 1022, 1023) oder wenn es lediglich einen unbequemen Richter ausschalten soll (München NJW-RR 88, 1535). Verfahrensfremde Zwecke werden verfolgt, wenn ohne nachvollziehbare Begründung Richter global oder ein Spruchkörper auch bei namentlicher Nennung seiner Mitglieder pauschal abgelehnt werden (BGH Beschl v 23.4.15 III ZA 11/15, juris; Beschl v 28.4.11 – V ZR 8/10 – Rz 3 f – juri...