Rn 4

Der Richter hat die Selbstanzeige mit Bekanntwerden des Grundes schriftlich unverzüglich zu den Sachakten zu nehmen und dem Richter des § 45 zuzuleiten (MüKoZPO/Stackmann § 48 Rz 6), spätestens vor der nächsten richterlichen Handlung. Da dem Richter die Gründe einer Selbstanzeige erst während des Verfahrens bekannt werden können, oder diese erst dann entstehen, ist zu überlegen, ob ihm für diese Fälle unaufschiebbare Handlungen auch dann zuzubilligen sind, wenn eine Ausschließung möglich ist. Steht objektiv die Besorgnis der Befangenheit im Raum, hält der Richter sich aber nicht für befangen, sollte er diesen Umstand fairerweise den Parteien zur Kenntnis bringen (München Beschl v 26.8.09 – 1 W 2051/09 – Rz 6, juris), verbunden mit der Bitte um Mitteilung, ob deswegen Misstrauen gg ihn besteht. Diese Praxis macht eine Selbstanzeige und das anschließende Verfahren regelmäßig entbehrlich, weil die Parteien erklären, aus ihrer Sicht, auf die es allein ankommt (§ 42 Rn 5), dieses nicht zu hegen. Analog § 43 gehen sie dann dieses Grundes verlustig.

 

Rn 5

Wird dem Gericht ein Ausschließungsgrund ohne Anzeige bekannt, hat es vAw auch ohne Anzeige zu prüfen, ob dieser eingreift. Ist er evident, bedarf es keiner Entscheidung. Der Richter scheidet ohne Weiteres aus (Zö/Vollkommer § 48 Rz 7). Für mögliche Befangenheitsgründe gilt dies nicht.

 

Rn 6

Das gem § 45 zur Entscheidung berufene Gericht hat die Anzeige den möglichen Beteiligten (§ 42 Rn 53) zur Kenntnis zu bringen und ihnen rechtliches Gehör zu gewähren, bevor es eine Sachprüfung vornimmt. Enthält die Anzeige keine überprüfbaren Tatsachen, führt dies nicht zur Verhinderung des Richters. Auch Beleidigungen oder die Drohung mit einer Strafanzeige machen ihn nicht befangen (§ 42 Rn 8); ebf nicht, wenn er wg einer früheren Entscheidung in einem gleichgelagerten Fall fachlich heftig kritisiert worden ist (Saarbr NJW-RR 94, 766f [OLG Saarbrücken 28.02.1994 - 5 AR 2/94-2]), anders, wenn er deswegen in Massenmedien massiv auch hinsichtlich seiner Peron heftig angegriffen worden ist. Hier ist ein weiteres Procedere sowohl für ihn, als auch für die Parteien unzumutbar. Fraglich ist, ob ernstliche Gewissenskonflikte zum Ausscheiden führen können (so: Wieczorek/Schütze/Niemann § 48 Rz 1). Werden diese mit dem Hinweis, der Richter fühle sich befangen, verknüpft, werden die Parteien dies zum Anlass nehmen gem § 42 II vorzugehen, so dass die Frage in der Praxis auf sich beruhen kann.

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