Gesetzestext
(1) Der Gegner ist, sofern es nach den Umständen des Falles geschehen kann, unter Zustellung des Beschlusses und einer Abschrift des Antrags zu dem für die Beweisaufnahme bestimmten Termin so zeitig zu laden, dass er in diesem Termin seine Rechte wahrzunehmen vermag.
(2) Die Nichtbefolgung dieser Vorschrift steht der Beweisaufnahme nicht entgegen.
A. Ladung des Antragsgegners (Abs 1).
Rn 1
Diese Norm schließt nicht aus, dass das Gericht ohne Terminsbestimmung dem Zeugen die Beweisfragen zur schriftlichen Beantwortung vorlegt oder dem gerichtlichen Sachverständigen die Lieferung des schriftlichen Gutachtens aufgibt. Wird gerichtlicher Termin zur Beweisaufnahme bestimmt, gilt dies: Damit der Gegner Gelegenheit erhält, seine Rechte wahrzunehmen, muss er – bei Vertretung durch einen Rechtsanwalt gem § 172 I 1 dieser – zu diesem Termin durch das Gericht vAw geladen werden. Auch der ASt muss geladen werden. Eine Mindest-Ladungsfrist ist nicht zu beachten; indes muss zwischen Eingang der Ladung und Termin ein so langer Zeitraum liegen, dass die Teilnahme am Beweistermin in zumutbarem Maße technisch organisierbar ist. Erscheinen ordnungsgemäß Geladene nicht zum gerichtlichen Beweistermin, steht dies der Durchführung nicht entgegen.
Rn 2
Erfordert die Beweisaufnahme die Mitwirkung des ASt und beteiligt sich dieser binnen einer gerichtlich gesetzten Frist nicht, tritt Beendigung des selbstständigen Beweisverfahrens ein. Den Antragsgegner trifft keine prozessuale Pflicht zur Mitwirkung. Gem § 142 kann das Gericht die Vorlage von Dokumenten durch eine Partei oder Dritte unabhängig davon anordnen, welche Partei sich auf diese Dokumente bezogen hat. Ob – ggf analog – § 142 im selbstständigen Beweisverfahren Anwendung findet, ist str (offengelassen KG IBR 13, 447 [KG Berlin 10.04.2013 - 9 W 94/12]. Gegen die Anwendung Frankf IBR 14, 586; Willer NJW 14, 22). Mehr spricht für die – wohl analoge – Anwendung dieser Vorschrift auch im selbstständigen Beweisverfahren (Ddorf BauR 14, 1182; Köln 22.6.15 – 5 W 12/15; Sturmberg Die Beweissicherung in der anwaltlichen Praxis, www.ibr-online.de, Stand 27.8.15 A.III.3.2.). Indes muss beachtet werden, dass § 142 dazu dient, dem Gericht möglichst frühzeitig einen umfassenden Überblick über den Prozessstoff zu verschaffen und das Vorbringen richtig zu verstehen; § 142 gibt dem Gericht nicht die Befugnis, unabhängig von einem schlüssigen Vortrag zum Zwecke der Informationsgewinnung Urkunden anzufordern, diese Norm ermöglicht keine – prozessordnungswidrige – Ausforschung der Partei oder eines Dritten und kann erst recht nicht dazu führen, dass eine Partei ansonsten nicht erreichbare Beweismittel erhält. Weil das Gericht mit seiner – ggf von der Partei beantragten – Anordnung die Grenzen des Parteivortrags nicht überschreiten und einer Urkunde nichts entnehmen darf, was von den Parteien im Prozess nicht vorgetragen worden ist (BGH 27.5.14 – XI ZR 264/13 Rz 28), kann es auch im selbstständigen Beweisverfahren nur die Vorlage einer im Parteivortrag konkret benannten Urkunde und dies nur bei Vorlage eines schlüssigen und auf konkrete Tatsachen bezogenen Vortrags anordnen (Frankf 6.2.03 – 12 W 12/03). § 142 I kann nur zur Vorlage vorhandener Urkunden und Unterlagen verpflichten, nicht zu deren Bearbeitung oder Modifizierung (Köln 22.6.15 – 5 W 12/15). Das Zivilprozessreformgesetz hat mit § 144 die Möglichkeit eröffnet, dass der Richter die Partei oder einen Dritten zur Duldung der Begutachtung eines in seinem Besitz befindlichen Gegenstandes verpflichtet. Die – ggf analoge – Anwendung auch dieser Norm im selbstständigen Beweisverfahren ist zu bejahen. Mitwirkungspflichten Dritter entfallen bei Unzumutbarkeit (Braunschw NZBau 04, 550; KG NJW-RR 06, 241) bzw bei Geltendmachen von Zeugnisverweigerungsrechten (Hambg ZMR 02, 71). Beachtlich ist insoweit § 144 I 3, wonach die Wohnung besonders geschützt ist. Deshalb kann am selbstständigen Beweisverfahren nicht beteiligten Dritten nicht aufgegeben werden, eine Bauteilöffnung in seiner Wohnung zum Zwecke der Beweissicherung zu dulden; zur Wohnung in diesem Sinne gehören eine im Gemeinschaftseigentum stehende Außentreppe, ein Fahrradkeller und eine Tiefgarage (BGH IMR 13, 305; Hambg IMR 14, 1045).
Gegen die Ablehnung der Entscheidung nach § 142 oder § 144 ist, weil es sich insoweit um prozessleitende Entscheidungen handelt, eine Beschwerde nicht statthaft (Frankf 21.9.07 – 19 W 59/07; Hambg 15.1.14 – 15 W 1/14; § 142 Rn 16. AA KG IBR 13, 447; Frankf IBR 14, 586; Ddorf BauR 14, 1182; Musielak § 142 Rz 13). Die Prüfung, ob ein Dritter die Duldung der Begutachtung seines Gegenstandes zu Recht wegen Unzumutbarkeit verweigert, ist gem §§ 144 II 2, 387 in einem Zwischenstreit mit förmlicher Beteiligung des Dritten vorzunehmen (Stuttg BauR 11, 1531). Erklärt der Sachverständige, dass eine weitere Sachaufklärung nur unter Einbeziehung des Nachbargrundstücks möglich ist, und holt der ASt trotz Fristsetzung seitens des Gerichts die Zustimmung des Nachbarn nicht ein, endet das selbstständige Beweisverfahren...